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Debatte um Innenministerkonferenz

Rede des Abgeordneten Valentin Lippmann zur Aktuellen Debatte auf Antrag der Fraktion DIE LINKE zum Thema: „Von allen guten Geistern verlassen – Innenminister auf dem Weg in eine andere Republik?“
56. Sitzung des Sächsischen Landtags, 21. Juni, TOP 1, Zweite Aktuelle Debatte

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrte/r Frau/Herr Präsident/in, Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Wenn sich in diesen Zeiten 17 Innenminister, allesamt von CDU und SPD, treffen, kann das nur in einer Verschwörung gegen die Freiheit enden.
Wenn es dann auch noch Dresden passiert, gilt dies einmal mehr! Denn wo fassen sich Beschlüsse zur Überwachung der Bevölkerung denn besser als in der sächsischen Landeshauptstadt.

Sie als Innenminister ist mit hohen Erwartungen in die Innenministerkonferenz (IMK) reingegangen.
Minister Ulbig hat so laut von der Harmonisierung der Polizeigesetzgebung schwadroniert, dass ich das Gefühl hatte, Sie wollen gleich das ganze Polizeirecht am liebsten dem Bund übertragen und Föderalismus entkernen.
Rausgekommen ist eine Einigung auf die Erstellung eines Musterpolizeigesetzes. An sich, das will ich hier mal sagen, keine schlechte Idee. Aber wohl kaum das, was der sächsische Innenminister wollte. Ich spare mir den Vergleich von Tiger und Bettvorleger.

Eine Frage stellt damit aber automatisch. Was heißt ein Musterpolizeigesetz für das vielfach versprochene neue Sächsische Polizeigesetz?
Werden Ihre Forderungen aus dem Gruselkabinett der Sicherheitsgesetzgebung nun endlich aufgegeben? Es wäre dem Rechtsstaat zu wünschen!

Oder wollen sie der Hybris verfallen, dass der Sächsische Polizeigesetz-Entwurf jetzt das neue Musterpolizeigesetz wird?
Es ist doch klar: Dieser Innenminister will kein Musterpolizeigesetz, sondern in Wahrheit ein Master-Überwachungsgesetz.
Harmonisierung ist bei Ihnen doch nur der Deckmantel für die Verschärfung.
Insofern haben sich unsere Befürchtungen aber dennoch bewahrheitet. Mit einem sächsischen Unions-Innenminister an der Spitze der IMK wird das große Besteck rausgeholt,

Die Einführung des Staatstrojaners wäre ein schwerster Eingriff in die Privatsphäre.
Den Bürgerinnen und Bürgern wird gerne vorgegaukelt, es gehe nur um das Lesen von Whatsapp-Nachrichten. Ein Trojaner kann alles ausforschen: Handy, Tablet, Computer. Das ist der bürgerrechtliche Supergau – Überlegen Sie bitte, was sie noch auf ihrem Handy eintippen würde, wenn Sie wissen, dass der Staat die ganze Zeit theoretisch alles mitlesen kann.
Ich appelliere an Sie, Herr Innenminister: stoppen Sie diesen Angriff auf die Privatsphäre, bevor es Verfassungsgerichte tun müssen.

Und als würden Ihre Pläne als IMK-Vorsitzender nicht bereits den Fass dem Boden ausschlagen, weiten Sie auch noch klammheimlich die Ausspähung der Bürgerinnen und Bürger in Sachsen aus.
Der CDU-Postille „Sachsenbrief“ durfte ich Samstag folgendes entnehmen:
„Intelligente Kameras mit Gesichtserkennung an öffentlichen Plätzen und Brennpunkten mit hoher Kriminalität haben eine abschreckende Wirkung und erleichtern die Aufklärung von Verbrechen. Bei einem Görlitzer Pilotprojekt werden bereits jetzt hochauflösende Kameras eingesetzt, die die Gesichter der Straftäter ohne Weiteres erkennen können.“
Entgegen der Antworten auf meine Kleinen Anfragen hierzu, betreibt die Polizei nun also doch intelligente Videoüberwachung im Freistaat Sachsen.

Herr Minister Es ist nicht nur unlauter, es ist unverfroren, dass Sie mit der Wahrheit hinterm Berg halten wenn es um die Aushöhlung der Bürgerrechte in Sachsen geht. Ich kann mir auch vorstellen warum: Für diese Kamera gibt es keine Rechtsgrundlage und sie gehört abgebaut.
Ich sage es Ihnen ganz klar: Es darf keine Einschränkung von Freiheitsrechten durch die Hintertür geben.

Ich erwarte von Ihnen, Herr Innenminister, dass Sie anstatt ihren Überwachungsfantasien zu frönen, dem Finanzminister in Einhalt gebieten, wenn er mal wieder seine Sparorgien auf dem Rücken der Landesbediensteten und damit auch der Polizei austragen will. Wir fahren diesen Staat nicht an die Wand, wenn wir ausreichend Polizistinnen und Polizisten einstellen. Sondern nur, wenn wir so lange sparen, bis wir wieder ein ernsthaftes Sicherheitsproblem im Freistaat haben.
Und Ihnen nützt es nichts, wenn Sie am Ende für ihre ganzen vielen neuen Befugnisse und Maßnahmen keine Leute mehr haben. Das ist ihre Baustelle und nicht die Massenüberwachung der Bevölkerung!

Lassen Sie mich im Sinne des Titels der Aktuellen Debatte mit Folgendem schließen: „Innenminister auf dem Weg in eine andere Republik?“ – Ja, Sie Herr Innenminister wollen einem Obrigkeitsstaat aus unserem Freistaat machen. Wir GRÜNE einen Freistaat, der diesen Namen verdient hat

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