Mit Hilfe eines Versorgungsberichts sollte der Landtag als Haushaltsgesetzgeber in die Lage versetzt werden, auf Fehlentwicklungen zu reagieren

Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrte Damen und Herren,

mit diesem Antrag fordern wir die Staatsregierung auf, einen Versorgungsbericht vorzulegen, der Auskunft darüber gibt, wie sich die Versorgungsleistungen des Freistaates für die Alterssicherung der Landesbeamtinnen und -beamten entwickelt hat und sich zukünftig entwickeln wird.

Wir möchten wissen, wie sich die Beamtenversorgung in Sachsen entwickelt hat, wie sich die Zahl der aktiven Beamtinnen und Beamten, die Zahl der Versorungsempfängerinnen und -empfänger, die Versorgungs- und Beihilfeausgaben sowie die Versorgungs-Haushalts-Quote entwickelt haben.

Wir hätten vor allem gern Informationen über die wichtigsten Querschnittsdaten der Versorgung, die Mindestversorgung, den durchschnittlichen Ruhegehaltssatz, die Altersstruktur der Versorgungsabgänge, die Entwicklung der durchschnittlichen Versorgungsbezüge und einen Vergleich zu anderen Bundesländern.

Nicht zuletzt fordern wir eine Prognose zur voraussichtlichen Entwicklung der Zahl der Versorgungsempfängerinnen und -empfänger und deren Versorgungsleistungen und zu den Möglichkeiten der Steuerung dieser zukünftigen Ausgaben.

Wir fordern hier nichts Utopisches. Einen öffentlich zugänglichen Bericht mit all diesen Angaben hat die Bundesregierung bereits zum fünften Mal vorgelegt. Auch Bayern oder Baden-Württemberg veröffentlichen regelmäßig Versorgungsberichte. Er schafft Transparenz und Erwartungssicherheit. Wir fordern hier nichts unanständigen, sondern nur, dass Sie Herr Finanzminister ein Stück ihres Herrschaftswisssens mit uns teilen.

Der Sächsische Landtag soll als Haushaltsgesetzgeber in die Lage versetzt werden, auf Fehlentwicklungen zu reagieren und zu steuern, falls dies erforderlich ist.

Wir sollten in diesem hohen Hause regelmäßig informiert werden, welche Maßnahmen die Staatsregierung getroffen hat, um künftige Versorgungsleistungen zu sichern, ob diese Maßnahmen ausreichend sind oder ob die nachfolgenden Generationen übermäßig mit der Versorgung von Pensionären und ihren Angehörigen belastet sind.

Der Finanzminister selbst ist es, der vor den künftigen Belastungen durch Personal- und Versorgungskosten warnt. So werden die Versorgungsleistungen und die Beihilfen für pensionierte Beamte in der „Mittelfristigen Finanzplanung 2014 bis 2018“ als der am schnellsten wachsende Ausgabenblock bezeichnet, der sich von 2014 bis 2018 um über 45 Prozent bzw. um 84 Mio. Euro erhöht. Als Grund für diese Steigerung wird auch der Anstieg der Versorgungsleistungen genannt.

Ein Gutachter des Bundes der Steuerzahler hat die Versorgungsverpflichtungen eines Landes einmal mit einem Eisberg verglichen. Während man die Kreditmarktverschuldung eines Landes quasi aus dem Wasser ragen sieht, ist der durch Pensionen bedingte Bereich der Verschuldung unter der Wasseroberfläche nicht zu sehen, aber doch ein Vielfaches des aktuellen Schuldenstandes.

Vor diesem Hintergrund sollte es eigentlich eine Selbstverständlichkeit für einen Finanzminister sein, die Kosten, die auf den sächsischen Steuerzahler in den kommenden Jahren wegen der Versorgung der Beamtinnen und Beamten und ihrer Angehörigen zukommen, zu errechnen, verständlich aufzuarbeiten und gegenüber der Bevölkerung diesen Eisberg transparent darzustellen – Weit gefehlt.

1. Zunächst hält es Herr Professor Unland für nicht erforderlich, dem Landtag darzulegen, wie sich die Versorgung der pensionierten Beamtinnen und Beamten in den letzten Jahren entwickelt hat. Daraus könnten keine Rückschlüsse für die Zukunft gezogen werden, teilt er in der Stellungnahme zu unserem Antrag mit.
Wir meinen, es ist durchaus erforderlich zu wissen, was Sachsen in den vergangenen 25 Jahren bereits an Versorgungsleistungen gezahlt hat, insbesondere welchen Anteil diese Kosten am Gesamthaushalt hatten. Man wird über die Entwicklung in diesem Zeitraum nämlich bereits sehen, dass die Kosten stetig zunehmen. Vielleicht kann man anhand der Zahlen auch dokumentieren, welche Reformen – etwa die Anhebung der Altersgrenzen – welche Folgen für künftige Versorgungsleistungen haben.

2. Hinsichtlich der zukünftigen Belastungen verweist Herr Professor Unland auf ein aktuelles versicherungsmathematisches Gutachten zum Generationenfonds Sachsen, welches seiner Ansicht nach wohl alle wichtigen Größen enthalte und deshalb einen Versorgungsbericht, wie wir ihn fordern, überflüssig mache.

Meine verehrten Damen und Herren Kollegen, insbesondere des Haushalt- und Finanzausschusses, ich bitte Sie, sich das letzte opus magnum einmal anzusehen und mir dann die wesentlichen Schlussfolgerungen darzulegen.

Ich sage Ihnen bereits jetzt: Das wird interessant. Ich habe mir das Gutachten aus dem Jahr 2010 angesehen. Da steht in wenig verständlicher Form ziemlich wenig drin. Wenn ich Ihnen meine am Computer geschriebene Rede in Programmiersprache austeilen würde, würde man etwa genauso schlussfolgern können wie bei diesem versicherungsmathematischen Gutachten.

Um es kurz zu machen: das versicherungsmathematische Gutachten, das uns der Finanzminister hier anstelle eines Versorgungsberichts schmackhaft machen will, hat in erster Linie den Zweck, zu errechnen, welche Mittel dem Generationenfonds zuzuführen sind, um künftig einen Teil der Versorgungsverpflichtungen abzudecken. Wesentlich mehr ist darin nicht enthalten – und war auch nicht vom Gutachtenauftrag umfasst.
Dennoch stehen in dem Gutachten eine Vielzahl von Informationen, die es sich lohnt mittels eines Versorgungsberichtes einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Einen wesentlichen Punkt auf die Aussagekraft dieser Gutachten will ich hier besonders hervorheben: Im Versorgungsbericht des Bundes wird ausgeführt, dass die Zahlen für künftige Versorgungsausgaben allein nicht aussagekräftig seien. Ich zitiere: „Politischer Handlungsbedarf lässt sich aus diesen Zahlen nur unzureichend ableiten, da keine Vergleichswerte für einen längeren Zeitraum vorliegen. Somit ist kaum zu erkennen, ob und gegebenenfalls wann die scheinbar exorbitant hohen Zahlen die öffentlichen Haushalte im langfristigen Vergleich tatsächlich übermäßig belasten werden. Die entscheidenden Kriterien für die Beurteilung der nachhaltigen Finanzierbarkeit der bereits eingegangenen und der künftigen Versorgungsverpflichtungen sind daher die Versorgungsquote und die Versorgungs-Steuer-Quote.“

Dieser Logik folgend werden dann auch diese Quoten für die Vergangenheit und als Prognose für die Zukunft vorgelegt. Der Versorgungsbericht Baden-Württembergs geht ähnlich vor.

Diese öffentliche Dokumentierung der Zahlen fehlt in Sachsen völlig – zumindest liegen sie uns als Haushaltsgesetzgeber nicht vor.

Was ebenfalls vollkommen fehlt, ist die transparente Darstellung der Entwicklung der sog. Versorgungsrücklage. Neben den Zuführungen an den Generationenfonds werden auch hier jährlich Mittel in Millionenhöhe für künftige Versorgungsleistungen zurückgelegt. Für eben diese Rücklage werden seit 1998 die Bezüge aller Beamtinnen und Beamten des Freistaates gekürzt. Nicht nur wir als Haushaltsgesetzgeber haben einen Anspruch auf Transparenz hinsichtlich dieser Rücklage. Auch die Beamtinnen und Beamten, die mit ihrem Gehalt diese Rücklage ebenfalls speisen, haben einen Anspruch auf die verständliche Offenlegung der zugeführten und ausgereichten Mittel aus dieser Rücklage.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag, auch wenn Sie sich für diese Zahlen möglicherweise nicht interessieren, so sind sie für unsere Arbeit und für die Zukunft Sachsen von enormer Wichtigkeit.

Liebe Abgeordneten der SPD, vielleicht hilft Ihnen bei Ihrer Entscheidung über den Antrag der kleine Hinweis, dass Sie eben einen solchen Versorgungsbericht erst im Juni des letzten Jahres auch gefordert haben.

25. Sitzung des 6. Sächischen Landtags, 17. Dezember 2015, TOP 11

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