Foto: Grünes Büro Valentin Lippmann

Plenarrede: Novellierung des SächsBRKG/Brandschutz, Rettungsdienst und Katastrophenschutz – Es braucht dringend die Umsetzung der versprochenen Stärkung des Engagements

Redebeitrag des Abgeordneten Valentin Lippmann zum Gesetzentwurf der Staatsregierung: „Drittes Gesetz zur Änderung des Sächsischen Gesetzes über den Brandschutz, Rettungsdienst und Katastrophenschutz“, Drs 6/16210
92. Sitzung des 6. Sächsischen Landtags, Mittwoch, 23. Mai, TOP 20

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen,

wir kritisieren diesen Gesetzentwurf nicht für das, was mit ihm geregelt wird, sondern für das, was mit ihm leider, nachdem lange gewartet wurde, nicht geregelt wird.

Die Neuregelungen zur Umsetzung der Empfehlungen des Abschlussberichts der Arbeitsgruppe ‚Freiwillige Feuerwehren Sachsen 2020‘ unterstützen wir selbstverständlich. Unsere ausdrückliche Zustimmung findet die Einführung des Einsatzdienstes in der Landeswehr- und Katastrophenschutzschule, die Erweiterungen der Rechte der Kommunen und die Möglichkeit der Entlassung aus dem aktiven Feuerwehrdienst.

Ich danke der Koalition auch ausdrücklich dafür, dass sie ein paar Anregungen aus der Anhörung aufgenommen hat und beispielsweise nunmehr das Technische Hilfswerk ausdrücklich in den Katastrophenschutzstab nach § 51 aufgenommen hat.

Soviel zum Lob. Die Sachverständigen haben in der Anhörung eine Reihe von Novellierungsbedarfen aufgezeigt, die – offenbar bereits vor der Einbringung dieses Gesetzes in den Landtag – Thema in verschiedenen Gesprächsrunden waren.

Angedacht und angekündigt ist eine große Novellierung des BRKG. Umso verständlicher ist die Enttäuschung der Vertreter beispielsweise des Katastrophenschutzes in der Anhörung, die mit ihrer Forderung der Gleichstellung der Helferinnen und Helfer wieder nicht in dem Maße durchgedrungen sind, wie es notwendig wäre.

Selbst der Sachverständige Rümpel, der dringend um die Verabschiedung dieses Gesetzes warb, meinte, er habe aufgehört die Jahre zu zählen, seitdem er gehört habe, es werde jetzt eine kleine Novelle geben, weil es danach die große geben werde.

Und weil es wieder nur die kleine Novelle ist, wurde das berechtigte Anliegen der Initiative #status6, die Gleichstellung der Helferinnen und Helfer, wieder nicht ausreichend berücksichtigt. Der Initiative geht es darum, dass die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer der Rettungsdienste und Sanitätsorganisationen bislang keine rechtliche Grundlage für eine Freistellung oder Lohnfortzahlung für die Zeit ihres ehrenamtlichen Einsatzes bei Großschadenslagen haben. Bei den Feuerwehren oder beim THW ist das anders geregelt.

Diese Ungleichheit möchten wir nicht länger hinnehmen. Wir greifen die Forderung nach einer vollständigen juristischen Gleichstellung der ehrenamtlichen Helfer der Hilfsorganisationen gegenüber den Kameradinnen und Kameraden der Feuerwehren auf. Mit unserem Änderungsantrag zu § 41 nehmen wir die rechtliche Gleichstellung gesetzlich auf. In § 35 normieren wir zudem einen Anspruch auf Verdienstausfall für ehrenamtliche Kräfte, die zur Bewältigung von Großschadensereignissen eingesetzt werden – es ist an der Zeit die Ungleichbehandlung ein für alle Mal zu beenden.

Was in dieser Novellierung ebenfalls fehlt, sind erforderliche rechtlichen Grundlagen für eine Psychosoziale Notfallversorgung (PSNV). Nachdem dieses hohe Haus sich im letzten Jahr auf unseren Antrag hin einstimmig für eine Landeszentralstelle für PSNV ausgesprochen hat, die beispielsweise bei Terroranschlägen oder schweren Unglücken die Koordinierungsfunktion übernimmt, sollten nunmehr weitere Maßnahmen für eine bessere PSNV in Sachsen erfolgen. Es braucht die Aufnahme der Gruppe der Betroffenen in das Gesetz. Dazu gehört auch eine verbindliche PSNV-Leitung bei Großschadensereignissen vor Ort.

Des Weiteren fehlt es an Vorkehrungen zur Koordinierung der vielen Freiwilligen aus der Bevölkerung, die sich bei Katastrophen melden.

Nicht zuletzt fehlt eine gesetzliche Regelung dazu, dass den ehrenamtlich tätigen Angehörigen der Feuerwehr und anderer Rettungsdienstorganisationen psychosoziale Nachbetreuung angeboten werden muss, damit sie besondere psychische Belastungen während eines Einsatzes verarbeiten können.

Der Rettungsassistent und Kreisbereitschaftsleiter Steffen Ridder, der sich Sachverständiger für diese Änderungen am Gesetz ausgesprochen hat, wurde in der Anhörung sehr konkret und schilderte die Lücken des Gesetzes anhand eines Einsatzes eindrücklich am Beispiel eines Zugunglücks vor zwei Jahren.

Werte Koalition,

würden wir uns mit diesem Gesetz nochmal intensiv beschäftigen, würden wir sicherlich weiteren Reformbedarf feststellen – so bedarf es nach unserer Auffassung zwingend Reformen im Rettungsdienst, insbesondere bei den Ausschreibungen, um Tarifdumping zu beenden und die Hilfsristen zu gewährleisten.

Unsere Gesellschaft ist auf die vielen tausend Bürgerinnen und Bürger in Sachsen, die sich ehrenamtlich für den Brandschutz, für den Rettungsdienst und den Katastrophenschutz engagiere, angewiesen. Dieses Engagement ist ein wertvolles Gut, dass es zu bewahren und zu pflegen gilt.

Wir bitten daher dringend um Umsetzung der versprochenen Stärkung des Engagements, z.B. durch Zustimmung zu unseren Änderungsanträgen. Sollten diese keine Mehrheit finden, können wir diesem Minimalkonsens leider nicht zustimmen.

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