– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrter Herr Präsident!
Werte Kolleginnen und Kollegen!
Das Ausmaß und die Umstände des erneuten Gewaltexzesses in Leipzig am Wochenende haben uns alle schockiert.
Um es zu Beginn in der gebotenen Deutlichkeit zu sagen: Gewalt, egal von wem und aus welchem Grund, ist kein Mittel der politischen Auseinandersetzung, sondern gehört konsequent durch den Rechtsstaat verfolgt.
Das gilt ohne Wenn und Aber. Wer mit Gewalt denkt vermeintlich politische Ziele durchsetzen zu können – ich bin da sehr bei Herrn Pallas – offenbart, dass es ihm eben nicht um Inhalte oder Politik, sondern einzig und allein um Gewalt als Selbstzweck geht.
Den Gewalttätern vom Wochenende spreche ich daher auch gänzlich ab, politisch für irgendetwas zu stehen.
Das sind keine politischen Aktivisten, sondern das sind Kriminelle, die durch den Rechtsstaat verfolgt gehören und die überdies all jene diskreditieren, die sich mit friedlichen Mitteln für etwas einsetzen, die sich mit dem Demonstrationsrecht für eine bessere Politik einsetzen. Die werden von diesen Kriminellen diskreditiert.
Das zeigt sich nicht zuletzt daran, dass mir bis heute nicht klar ist, warum man, wenn man gegen den Staat ist, ausgerechnet das Bundesverwaltungsgericht angreift, das als Gericht nun bekanntermaßen am ehesten noch eine staatskritische Position hat.
Überdies ist mir auch nicht klar, wie Angriffe auf Ausländerbehörden einem Flüchtling nutzen sollen.
Klar ist: Es müssen Konsequenzen gezogen werden. Herr Hartmann, es offenbart sich aus meiner Sicht schon ein nicht von der Hand zu weisendes Reaktionsproblem der Polizei in Leipzig. Es braucht jetzt eine klare und besonnene Reaktion und eben keine pauschalen Verunglimpfungen und populistischen Zuschreibungen, wie sie in den letzten Tagen medial erfolgten.
Ich bin umso mehr verwundert, dass wir das heute hier in einer Aktuellen Debatte diskutieren, obwohl uns noch erhebliche Erkenntnisse fehlen.
Herr Hartmann, Herr Pohle, Sie haben richtigerweise in einer Pressemitteilung am 6. Juni gefordert, dass man das im Innenausschuss diskutieren möge und dass dort die Erkenntnisse dargestellt werden. Leider haben Sie sich jetzt für Populismus statt Gründlichkeit entschieden.
Ich halte diese Idee für umso fataler, weil klar wird, dass es in der Koalition keinen Lösungsansatz gibt. Herr Hartmann und Herr Pallas, Sie haben offensichtlich ja völlig unterschiedliche Auffassungen. Was soll denn die Botschaft sein, die von dieser Aktuellen Debatte ausgeht, außer dass wir uns richtigerweise von Gewalt distanzieren? Ich halte das für kommunikativ fatal.
Gestatten Sie mir dennoch zwei grundsätzliche Anmerkungen. Ich halte es für zwingend notwendig, dass es ein Handeln bei der Polizeipräsenz im Hinblick auf die Reaktionsfähigkeit gibt; denn es kann nicht sein, dass die Polizei nicht genügend Kräfte hat, um, wenn eine Straftat eingetreten ist, diese auch rechtzeitig zu unterbinden.
Vielleicht wäre es sinnvoll gewesen, sich in den Haushaltsverhandlungen nicht immer gegen die Opposition zu stellen, wenn es um die Polizeiausstattung geht.
Denn gerade in Leipzig haben wir Polizeireviere, die gemessen an ihrer Sollausstattung schon seit Jahren weniger Polizisten haben.
Ob es sinnvoll ist, das Problem jetzt in eine Polizeistrukturkommission zu überführen? Ich glaube, das löst das Problem überhaupt nicht, denn diese Antwort kommt zu spät.
Herr Hartmann, ich warne tatsächlich auch vor einem zweiten Kommunikationsfehler, nämlich vor der Botschaft, dass hundert Randalierer in der Lage wären, den Rechtsstaat ins Wanken zu bringen. Da wird der Rechtsstaat kleiner geredet, als er ist. Es entsteht das fatale Signal, dass man diesen Leuten zuschreibt, dass sie den Rechtsstaat überhaupt gefährden könnten. Damit macht man diese Leute noch stark, indem man ihnen die Botschaft vermittelt, dass der Rechtsstaat in Gefahr sei. Der Rechtsstaat ist nicht in Gefahr. Er muss in der Lage sein, so etwas abzuwehren und die Straftäter zu verfolgen. Alles andere ist Quatsch.
Es braucht jetzt ein starkes Signal gegen diese Vorkommnisse. Es ist auch klar, dass wir in Leipzig Maßnahmen der Prävention finden müssen, denn diese Ausschreitungen unterminieren ja auch die Lebensqualität in Leipzig. Aber ich sage auch ganz deutlich: Jetzt die ganze Stadt in Verruf zu bringen und so zu tun, als herrschten dort durchweg Anarchie und Chaos, ist genauso Unsinn.
Es gilt jetzt, in Leipzig gemeinsam mit der Politik, der Verwaltung, der Polizei und der Gesellschaft nach Strategien zu suchen, damit sich derartige Ereignisse in Zukunft nicht wiederholen.
Vielen Dank.
1. Sitzung des Sächsischen Landtags, 11. Juni 2015, TOP 1