2015 eskalieren in Sachsen die Proteste gegen geplante Standorte für Asylunterkünfte. Mit der Behauptung einer vermeintlich drohenden „Islamisierung“ wird die Zukunft Deutschlands als Einwanderungsland bekämpft. Bezugnehmend auf diese traurigen Entwicklungen hatte die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag das Kulturbüro Sachsen e.V. beauftragt, die Zusammenhänge zwischen den Pegida-Demonstrationen, der Zunahme der asylfeindlichen Demonstrationen in Sachsen und dem drastischen Anstieg rechtsmotivierter Gewalt seit Herbst 2014 zu untersuchen.
Am Abend des 19.10.2016 wurden die Ergebnisse über die Verflechtungen, Netzwerke und Wechselwirkungen der unterschiedlichen Phänomene erstmalig der Öffentlichkeit präsentiert. Mit etwa 60 Gästen, darunter viele junge Menschen, war der Veranstaltungssaal fast bis auf den letzten Platz gefüllt.
Besonderen Stellenwert nahm dabei das Inputreferat von Danilo Starosta vom Kulturbüro ein, der erste zentrale Ergebnisse der Studie präsentierte. Er wies daraufhin, dass Pegida nicht aus dem Nichts kam, sondern sozialwissenschaftliche Studien bereits seit langer Zeit eine hohe Zustimmung für die von Pegida vertretenen Positionen in der sächsischen Bevölkerung verzeichnen. Diese Positionen betreffen auch eine Vielzahl von Themenfeldern, keinesfalls nur das Thema Asyl betreffen.
Pegida muss daher als Kanalisierung von bestehenden Meinungen und Einstellungen verstanden werden. Zentral ist dabei die Vorstellung einer ethnisch homogenen Volksgruppe sowie die Forderung eines antiliberalen, antiegalitären und antidemokratischen politischen Systems. Die Anhänger von Pegida können daher nicht als Asylfeinde oder Einwanderungskritiker bezeichnet werden, sondern müssen ganz eindeutig als Feinde der Demokratie verstanden werden. Zentralen Einfluss nehmen dabei neurechte Ideen, die Infrastruktur hingegen stammt oftmals von bekannten neonazistischen Parteien und Akteuren, die teilweise bereits an den Ausschreitungen Anfang der 1990er aktiv beteiligt waren. Besonders auffällig ist auch, dass die Anzahl von Demonstrationen und Teilnehmenden korreliert mit der Anzahl von Angriffen auf Journalistinnen und Journalisten, politische Gegner und Asylsuchende. Dass staatliche Behörden, insbesondere das Landesamt für Verfassungsschutz, angesichts dieser Umstände weitestgehend untätig geblieben sind, bezeichnete Starosta nicht nur als fahrlässig, sondern als gefährlich.
Julia Schuster vom Kulturbüro und Dr. Tino Heim, Soziologe an der TU Dresden, referierten anschließend zum Einfluss der Forderungen auf realpolitische Entscheidungen im Bund sowie im Freistaat und zu gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, die der Pegida-Bewegung förderlich waren.
Eine Podiumsdiskussion an der auch Valentin Lippmann, innenpolitischer Sprecher der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag, teilnahm, widmete sich abschließend ergebnisoffen der Frage nach Konsequenzen für die politische Praxis.
Die Vorlage der Studie in gedruckter Form wird für Ende des Jahres erwartet.