Die Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag haben heute einen Dringlichen Antrag auf einen Untersuchungsausschuss „Neonazistische Terrornetzwerke in Sachsen“ vorgelegt. Dieser soll an den NSU-Untersuchungsausschuss der vergangenen Wahlperiode anknüpfen.
Dazu erklärt Valentin Lippmann, innenpolitischer Sprecher und Parlamentarischer Geschäftsführer der Landtagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
„Wir GRÜNEN halten die Wiedereinsetzung eines Untersuchungsausschusses für notwendig und geboten. Wie bereits in der letzten Legislatur stellt sich uns die Frage, wie es möglich sein konnte, dass drei gesuchte Neonazis vor den Augen der sächsischen Behörden untertauchten und Sachsen über zehn Jahre als Rückzugs- und Ruheraum nutzen konnten. Der letzte NSU-Ausschuss konnte diese Frage nicht beantworten.“
„Der aktuelle Antrag orientiert sich am Auftrag des letzten Untersuchungsausschusses. Es bestand bei der Vorlage des Anschlussberichtes Einigkeit, dass der Untersuchungsauftrag nicht vollständig bewältigt werden konnte. Die acht Themenkomplexe konnten nur unzureichend behandelt werden, drei davon gar nicht. Von zwölf Sachverständigen und 120 verlangten Zeugen wurden nur sechs Sachverständige und 34 Zeugen gehört.“
„Zusätzlich soll sich der Untersuchungsausschuss auch mit der Frage des Umgangs mit dem NSU-Komplex nach dem Bekanntwerden der Verbrechen beschäftigen. In den Fokus gehört für mich die Frage, inwieweit sächsische Behörden dazu beigetragen haben, dass sich die Aufklärung der Verbrechen des NSU und des behördlichen Agierens verzögert hat oder dies dadurch maßgeblich erschwert wurde. Prominentestes Beispiel ist hier sicherlich die Frage der Aktenvernichtungen im Landesamt für Verfassungsschutz. Aber es stellt sich auch die generelle Frage, ob Akten zurückgehalten wurden.“
„Wir wollen mit dem neuen NSU-Ausschuss auch einen Gleichklang mit den eingesetzten Untersuchungsausschüssen in den anderen Bundesländern herstellen. Der Landtag in Thüringen hat gerade den Ausschuss wieder eingesetzt. Mit Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Hessen gibt es jetzt auch Ausschüsse in Bundesländern, in denen direkt nach Bekanntwerden des NSU kein Ausschuss eingesetzt wurde.“
„Nicht zuletzt sind wir es den Opfern und deren Angehörigen schuldig, dass das Versagen der staatlichen Behörden bei der Verfolgung der Terroristen umfassend aufgeklärt wird. Wir sind aber auch der sächsischen Bevölkerung und dem Rechtsstaat schuldig, dass das behördliche Agieren nach dem Bekanntwerden des NSU umfassend beleuchtet wird.“
Der Dringliche Antrag kommt Ende April im Landtag zur Abstimmung. Für das notwendige Quorum zur Einsetzung des Untersuchungsausschusses (1/5 der Abgeordneten) reichen die Stimmen aus der LINKEN- und GRÜNEN-Fraktion aus. Der Ausschussvorsitz des 1. Untersuchungsausschusses der 6. Wahlperiode fällt nach der Geschäftsordnung des Landtags an einen Abgeordneten der CDU.