Der Abhörskandal der Fußballszene/linken Szene rund um den Fußballclub BSG Chemie Leipzig hat eine neue Dimension. Der Sächsische Datenschutzbeauftragte hat die Staatsanwaltschaft und das Landeskriminalamt förmlich beanstandet, weil Teile der Protokolle und Aufzeichnungen der Telekommunikationsüberwachungen, die den Kernbereich privater Lebensgestaltung betrafen, nicht unverzüglich gelöscht wurden. Das ist ein Ergebnis der Befassung des Verfassungs- und Rechtsausschusses des Sächsischen Landtages mit dem Thema auf Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Dazu erklärt Valentin Lippmann, Sprecher für Datenschutz der GRÜNEN Fraktion:
„Auf den verfassungsrechtlich verbrieften Schutz des Kernbereichs der privaten Lebensgestaltung scheinen das LKA und die Staatsanwaltschaft während des gesamten Ermittlungsverfahrens keinen Pfifferling gegeben zu haben. Dass intimste Gesprächsinhalte über Jahre rechtswidrig gespeichert wurden, ist unfassbar. Ich bin bestürzt über diese Defizite bei der Kenntnis und Anwendung strafprozessualer Selbstverständlichkeiten. Ich hoffe, dass die vom Justizminister Sebastian Gemkow in Aussicht gestellte Sensibilisierung und Schulung Abhilfe schafft.“
„Ein solcher Ermittlungsexzess darf sich mit Blick auf die schweren Grundrechtseingriffe gegenüber den Beschuldigten und unbeteiligter Dritter, die Diskreditierung ihres Ansehens und Kriminalisierung ihrer Arbeit, die große Anzahl durch das Verfahren Betroffener, die Auswahl der Ermittlungsmethoden und den Schaden für das Ansehen der Fansozialarbeit und der Sicherheitsbehörden in Sachsen nicht wiederholen. Umso bedauerlicher ist es, dass die CDU/SPD-Koalition dem Antrag nicht zugestimmt hat. Denn welche Maßnahmen man treffen will, um solche nur zum Ausspähen von Strukturen einer ganzen Szene eingeleiteten, von vornherein absehbar aussichtslosen Ermittlungen künftig zu vermeiden, wurde uns heute nicht mitgeteilt. Ich befürchte daher, dass dies nicht das letzte Verfahren zur Ermittlung von Strukturen eines ganzen Phänomenbereichs sein wird.“
„Ich möchte zudem alle Befürworter der präventiven Telekommunikationsüberwachung, wie sie das neue Polizeirecht vorsieht, warnen. Dieser Fall zeigt, wohin Ermittlungen führen, wenn sie rechtswidrig oder unter Nichtbeachtung der Regelungen zum Persönlichkeitsschutz vorgenommen werden: zu massiven und massenhaften Eingriffen in Grundrechte. Wenn schon die Polizei als Ermittlungsbeamte der Staatanwaltschaft nicht rechtmäßig arbeiten kann, ist für präventive Schnüffeleien ohne jeglichen Anfangsverdacht Schlimmstes zu befürchten.“