Redebeitrag des Abgeordneten Valentin Lippmann (BÜNDNISGRÜNE) zum Antrag der Fraktion AfD zum Thema:
„Transparenz wahren und Kontrolle umfassend ermöglichen – Einsetzung eines zeitweiligen Ausschusses ‘Corona-Krise‘“ (Drs 7/2536)
11. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Donnerstag, 11.06.2020, TOP 6
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
schaut man sich die Forderungen der AfD in den letzten Wochen zur Gestaltung der parlamentarischen Arbeit in Zeiten einer Pandemie an, hat man das Gefühl in einer schlechten Realsatire mit erheblichem Fremdschamfaktor gefangen zu sein.
Man könnte fast den Eindruck haben, dass Sie immer das Gegenteil dessen zu machen, was angezeigt ist. Aus Prinzip und um immer dagegen zu sein.
Als im März in Deutschland und auch in Sachsen fast das gesamte gesellschaftliche Leben heruntergefahren wurde, haben Sie die Tagung des Landtages in Vollbesetzung erzwungen, um in einer astreinen Klamauk-Vorstellung dort den vollkommen Shutdown zu fordern. Paradoxerweise forderten Sie da zudem die Ausrufung des Notstandes und die Einsetzung des Notparlamentes, mithin also die komplette Suspendierung der Arbeit des Landtages und seiner Ausschüsse.
Nach Ostern ging es Ihnen dann wiederum nicht schnell genug, wieder im Normalbetrieb des Landtages zu tagen. Sie beschwerten sich darüber, dass – obacht – nicht alle Fachausschüsse tagen sollten.
Und nun, wo der Normalbetrieb des Landtages wieder läuft und die Fachausschüsse – wie von Ihnen gewünscht – tagen, wollen Sie zurück auf Sparflamme und nunmehr alles wichtige Maßnahmen in einem Corona-Ausschuss diskutieren. Das ist ein Antrag aus Absurdistan – ich frage mich manchmal, ob sich die AfD in diesem Landtag noch selbst ernst nimmt oder sich mittlerweile selbst für eine steuergeldfinanzierte Hetz-Theatertruppe mit angeschlossenen Trollkampfgruppen hält.
Werte Kolleginnen und Kollegen,
könnten wir die Rotationsenergie der AfD, die bei diesen 180-Gradwenden entsteht, nutzen, würden wir wahrscheinlich schon morgen aus der Kohle aussteigen können.
Der Grund für diese Volten liegt auf der Hand. Am Anfang haben Sie im Lichte der Beschränkungen kurz den feuchten Traum des starken autoritären Staates geträumt. Dann mussten Sie wohl feststellen, dass das selbst in ihren Reihen eher mäßig ankommt. Daraufhin wurde die Diktatur, die sie eigentlich doch tief im Herzen wollten, herbeifabuliert als vermeintlicher Ist-Zustand in unserem Land.
Im Kampf gegen Windmühlen dieser angeblichen Corona-Diktatur soll nun also ein Corona-Ausschuss helfen. Nur, den braucht es nicht, weil er keinen Mehrwert hat. Die Arbeit ist in den Fachausschüssen gut aufgehoben. Er stärkt die Abgeordneten auch nicht, er schwächt sie. Denn gerade in kleinen Fraktionen gelingt eine Kondensierung des Sachverstandes schon alleine deshalb nicht, weil nicht alle mit der Thematik befassten Abgeordneten im Corona-Ausschuss Mitglied sein können. Dabei braucht es gerade jetzt verantwortungsvolle Fachdebatten und kein polemisches Theater, wie Sie es regelmäßig aufführen.
Und haben Sie eigentlich mal Herrn Barth gefragt, wie er es findet, wenn er nicht mehr im Haushaltsausschuss den Besserwisser bei den Corona-Bewältigung-Fonds geben darf? Ich fürchte ein Teil der Antwort auf diese Frage könnte Sie verunsichern.
Zudem löst ein Corona-Ausschuss auch ein in der Begründung angesprochene vermeintliches Problem überhaupt nicht. Wenn Sie mit der Antwort der Staatsregierung auf Ihre Fragen nicht einverstanden ist, ist das legitim, aber da nützt doch kein neuer Ausschuss was, um das Problem zu lösen.
Überdies halte ich Teile Ihres Antrages für rechtlich schlicht unzulässig. Sie verlangen die generelle Öffentlichkeit des Ausschusses. In § 33 Abs. 1 der GO heißt es aber: >>Der Ausschuss kann beschließen, für einen bestimmten Beratungsgegenstand oder Teile desselben die Öffentlichkeit zuzulassen.<< – Eine diese Regelung überformende Entscheidung durch das Beschließen der generellen Öffentlichkeit für diesen Corona-Ausschuss, käme so einer Änderung der Geschäftsordnung gleich. Dafür gibt es, neben einem anderen Mehrheitserfordernis auch ein Verfahren, welches durch die AfD für diesen Antrag schlicht nicht eingehalten wurde.
Werte Kolleginnen und Kollegen,
die Rechte des Parlaments stärkt man nicht durch Geschäftsordnungsharakiri. Schon alleine deswegen werden wir gegen diesen Antrag stimmen.
Kurzum: Ihren Antrag braucht es nicht, er ist teilweise unzulässig und er ist das nächste schlechte Ablenkungsmanöver der AfD von der eigenen Unfähigkeit und Unverantwortlichkeit in einer gravierenden Krise.
Jetzt konnten wir der Presse ja entnehmen, dass Sie, falls dieser Antrag keine Mehrheit findet, einen Untersuchungsausschuss zu den Corona-Maßnahmen einsetzen werden. Wenn die AfD den nächsten Untersuchungsausschuss will, wünsche ich jetzt schon gute Reise. Nach den Erfahrungen im bisherigen UA würde ich aber aus schlichtem Fremdscham davon abraten, sie sind doch schon mit einem Untersuchungsausschuss überfordert! Was den Landtag und auch die Menschen in der aktuellen Krise sicher nicht weiterbringt ist der nächste Untersuchungsausschuss, wo sie in einer Art Zustand des betreuten Untersuchens vor sich hin dilettieren.
Vielen Dank.