Redebeitrag des Abgeordneten Valentin Lippmann (BÜNDNISGRÜNE) zur Ersten Aktuellen Debatte auf Antrag der Fraktion CDU zum Thema: „Verschwörungstheorien, Bedrohungen von Mandatsträgern und Hass und Hetze im Netz mit allen rechtsstaatlichen Mitteln bekämpfen“
41. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Dienstag, 21.12.2021, TOP 5
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
mit jeder Welle der Pandemie schwappt eine immer größere Welle von Hass und Hetze durch das Internet, durch Kommentarforen, durch die Sozialen Netzwerke und in den Messengerdiensten.
Aktuellen Entwicklungen zeigen immer mehr: Die größte Gefahr für unsere Demokratie und den Rechtsstaat ist nicht ein schwer zu beherrschendes Virus, sondern der exponentielle Anstieg jener Auffassungen, die in einem immer größeren Wahn zwischen Verschwörungsideologien, Falschnachrichten und selbstreferenzieller Bestätigung in der eigenen Bubble unsere freiheitliche Demokratie stürzen wollen und dabei auch vor Mordplänen nicht zurückschrecken.
Spätestens der widerwärtige Fackelaufmarsch vor dem Haus von Staatsministerin Petra Köpping und die auf Telegram vorbereiteten Mordpläne gegen Ministerpräsident Michael Kretschmer haben die Gefahr durch die Radikalisierung und antidemokratische Mobilisierung im Netz noch einmal allen vergegenwärtigt.
Gegen verfassungsfeindliche Mobilisierung und widerwärtige Hetze im Netz braucht es klares und konsequentes Vorgehen aller Verantwortlichen im Land.
Ich sage aber auch: Es braucht ein kluges Vorgehen – und nicht durchschaubare Manöver. Wem als Reaktion auf die gegenwärtige Enthemmung im Netz nur zwei Reaktionen einfallen, einerseits das Fingerzeigen auf Telegram und andererseits das pathetische Anstimmen des Klageliedes der mangelnden Befugnisse, wird eigener Verantwortung nicht gerecht
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
wir brauchen eine Offensive zum Schutz unserer Demokratie – im Netz wie auf der Straße.
Wir brauchen ein klares, flexibles Monitoring von antidemokratischen Mobilisierungen im Netz. Denn es ist doch ganz klar: Wer blind im Netz ist, wird auf der Straße überrascht sein. Diese Erkenntnis muss nach Monaten des teils bestenfalls interessierten Zuschauens endlich einmal in jeder Sicherheitsbehörde angekommen sein. Sonst stellt man sich immer noch viel zu häufig in Loriotscher Manier die Frage: „Ja, wo laufen Sie denn?“
Ein Großteil der Mobilisierung spielt sich in öffentlich einsehbaren Bereichen ab! Da brauche ich keine Quellen-TKÜ – da braucht es eine Taskforce bei der Polizei, die diese Erkenntnisse bündelt. Und natürlich muss dafür die Polizei auch regelmäßig diese Kanäle flächendeckend lesen.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
wir brauchen auch eine schnellere Verfolgung von Straftaten im Netz. Dafür ist es notwendig, mehr kompetentes Personal, auch in der IT-Forensik, zu binden. Hier gilt es, zügig eine Verstärkung anzugehen, ebenso wie eine personelle und technische Stärkung der Soko Rex.
Aber vor allem brauchen wir einfachere Meldemöglichkeiten. Die Meldung von Hass und Hetze bei der sächsischen Polizei über das Portal der Onlinewache ist immer noch nicht niedrigschwellig genug, die Vielzahl von Angaben, die dort einzutragen sind, schrecken ab. Wir brauchen endlich einfache und anonyme Meldewege.
Und wir brauchen auch die Unterstützung all jener, die sich nicht von einer radikalisierten Minderheit die Agenda diktieren lassen wollen. Wir brauchen die stete Gegenrede der Verantwortungsträgerinnen und -träger und jeder/s einzelnen, immer und überall zu menschenfeindlichem Gedankengut. Und wir brauchen die Richtigstellung von Falschbehauptungen.
Denn den Kampf gegen Verrohung in unserer Gesellschaft können nicht staatliche Strukturen alleine leisten. Und deshalb muss es jetzt auch einen klaren Appell an die Bevölkerung vonseiten der Staatsregierung geben: Melden Sie Straftaten im Netz, melden Sie Hass und Hetze! Das ist die Pflicht eines jeden überzeugten Demokraten und einer jeden überzeugten Demokratin in diesem Land!