Der Ausschuss für Inneres und Sport des Sächsischen Landtages hat in seiner heutigen Sitzung Sachverständige zum „Gesamtkonzept gegen Rechtsextremismus. Stärken – Beraten – Einschreiten“ (Drs 7/8658) angehört.
Dazu erklärt Valentin Lippmann, Sprecher zum Themenbereich Rechtsextremismus der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag:
„Die Bekämpfung des Rechtsextremismus ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Nur durch die Zusammenarbeit von Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft kann rechtsextremen Umtrieben und deren Gefahr für unsere freiheitliche Demokratie effektiv begegnet werden. Das ‚Gesamtkonzept gegen Rechtsextremismus‘ liefert hierfür einen umfangreichen Instrumentenkasten – beispielsweise um den Verfolgungsdruck auf Rechtsextreme zu erhöhen, entschiedener gegen Hass im Netz vorzugehen und Verfassungsfeinde im Staatsdienst zu identifizieren.“
„Bei der Umsetzung dieses zentralen BÜNDNISGRÜNEN Vorhabens des Koalitionsvertrages ist uns besonders die Beteiligung der zivilgesellschaftlichen Akteurinnen und Akteure von großer Bedeutung. Denn diese stehen seit vielen Jahren gegen Rechtsextremismus ein und haben zahlreiche politische Bildungsangebote entwickelt, um unsere Demokratie langfristig zu stärken. Auch die Einbindung wissenschaftlicher Erkenntnisse durch die Dokumentations- und Forschungsstelle ‚Else-Frenkel-Brunswik-Institut‘ an der Universität Leipzig ist für uns BÜNDNISGRÜNE ein wichtiger Baustein im Kampf gegen Rechtsextremismus. Deshalb bin ich dankbar, dass wir in der heutigen Anhörung mit Vertreterinnen und Vertretern von Zivilgesellschaft und Wissenschaft über Verbesserungen des Gesamtkonzeptes diskutieren konnten.“
Auf Einladung der BÜNDNISGRÜNEN-Fraktion sprach in der Anhörung auch Dr. Johannes Kiess, stellvertretender Direktor des Else-Frenkel-Brunswik-Institutes. Kiess hat sich in zahlreichen Publikationen mit Rechtsextremismus in Deutschland befasst. Im März 2022 erschien das erste Jahrbuch des Else-Frenkel-Brunswik-Institutes, in dem Kiess in zwei Beiträgen unter anderem die regionale Stärke rechtsextremer Parteien und die Möglichkeit, sich vor ihnen zu schützen, analysiert. Er stellte in der Anhörung fest:
„Das ‚Gesamtkonzept gegen Rechtsextremismus‘ bedeutet für den Freistaat einen positiven Paradigmenwechsel. Es enthält eine Reihe von wichtigen Aspekten, wie die Einbindung der Zivilgesellschaft und die Bündelung aller Maßnahmen im gesamtgesellschaftlichen Kontext über alle wichtigen gesellschaftlichen Bereiche hinweg. Dennoch sehe ich an einigen Stellen Verbesserungsbedarf. Aus meiner Sicht braucht es zum Beispiel grundsätzlich eine bessere personelle Ausstattung des öffentlichen Dienstes und insbesondere der Schulen, um die anstehenden Aufgaben überhaupt zu schultern. Das würde zur Stärkung des demokratischen Rechtsstaates beitragen, damit dieser sich dem Rechtsextremismus besser entgegenstellen kann.“
Abschließend hält Valentin Lippmann fest: „Die Anhörung hat gezeigt, dass das Gesamtkonzept ein Meilenstein für Sachsen ist. Die im Konzept enthaltenen Maßnahmen müssen nun auch finanziell untersetzt werden, beispielsweise für ausreichend Personal für die politische Bildung und für die Bekämpfung von Hass und Hetze im Netz. Außerdem ist es wichtig, die Demokratievereine, die tagtäglich eine wertvolle Arbeit im Kampf gegen Rechtsextremismus leisten, kontinuierlich und niedrigschwellig zu fördern, damit das Gesamtkonzept am Ende auch wirksam wird.“
„Die rechtsextreme Szene in Sachsen hat sich vor allem in den letzten zwei Jahren sichtlich diversifiziert, das zeigen auch die Querdenken-Proteste. Das ist kein neues Phänomen, hat seit 2020 aber viel an Wirkmächtigkeit im öffentlichen Raum und der Debatte gewonnen. Um diesem Phänomen zu begegnen, braucht es zeitgemäße Fortbildungsangebote innerhalb der Behörden. Polizei, Justiz und andere Behörden müssen befähigt werden, rechtsextreme Taten sicher zu identifizieren sowie Mobilisierungen frühzeitig zu erkennen. Dabei hilft auch ein verstetigter Austausch mit der Wissenschaft, der einen breiteren Blickwinkel auf das Phänomen eröffnet.“
„In der Anhörung ist zudem klar geworden, dass das Gesamtkonzept kein einmaliges Produkt bleiben darf. Vielmehr muss es der Start eines Prozesses sein, in den Staatsregierung, Landtag und alle Beteiligten gemeinsam eintreten, um dieses Konzept kontinuierlich weiterzuentwickeln, weiterzudenken und Rechtsextremismus in Sachsen noch stärker und wirkmächtiger zu bekämpfen.“