Foto: Grüne Fraktion Sachsen

Der Weg dieser Staatsregierung zur Transparenz, zu transparentem Regierungshandeln ist offenbar noch sehr weit

– Es gilt das gesprochene Wort –

Herr Präsident, meine Damen und Herren,

Transparenz scheint der Koalition wichtig zu sein. In Ihrem 117-seitigen Koalitionsvertrag kommt die Worte „Transparenz“ bzw. „transparent“ 17-mal vor. Das ist doppelt so viel wie noch im Schwarz-Gelben Koalitionsvertrag.

Allein im Kapitel „Innovative und bürgernahe Verwaltung“ Ihres Koalitionsvertrages kommen die Worte zweimal vor.
So heißt es: „Der öffentliche Dienst des Freistaates Sachsen ist hinsichtlich seiner Aufgaben sowie der daraus resultierenden Personal- und Sachausstattung umfassend zu evaluieren. Die Koalitionspartner setzen dazu eine Kommission ein. Über die Aufgabenstellung, Größe und Zusammensetzung entscheidet das Kabinett. Die Kommission erstellt bis 2016 eine aufgabenorientierte Personalbedarfsplanung für den öffentlichen Dienst des Freistaates Sachsen. Der Prozess soll transparent gestaltet und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aktiv eingebunden werden.“

Im nächsten Absatz formulieren Sie, dass sie mit dem umfassenden Personalmonitoring Transparenz schaffen wollen.

Wenn das Ihr Anspruch ist, dann muss ich feststellen, haben Sie ihn zwar schön formuliert aber mal wieder (noch) nicht umgesetzt. Der Weg dieser Staatsregierung zur Transparenz, zu transparentem Regierungshandeln ist offenbar noch sehr weit.

Gerade bei der eingesetzten Personalkommission fehlt von Transparenz indes jede Spur. Was wir als Parlamentarier wissen, ist herzlich wenig. Dank der Kleinen Anfrage meiner Kollegin Franziska Schubert wissen wir,

• dass die Kommission zum 1. Februar 2015 ihre Arbeit aufgenommen hat (das ist zu begrüßen)
• dass sich die Kommission aus Vertretern der Ressorts, der Bediensteten und wissenschaftlichen Einrichtungen zusammensetzt,
• dass sie die Aufgabe hat, unter Berücksichtigung vorhandener Personalberechnungssysteme, Entwicklungskonzepte sowie durchgeführter Evaluationen, Wirtschaftlichkeits- und Organisationsuntersuchungen ein Konzept für eine zukünftige, aufgabenorientierte Personalbedarfsplanung der Behörden des Freistaates Sachsen zu erarbeiten (ein hehres Ziel),
• dass dabei dem Gedanken der Bürgernähe und Mitarbeiterorientierung und andererseits der nachhaltigen Finanzierbarkeit der Personalausgaben Rechnung getragen werden soll (das kann alles oder nichts heißen),
• dass bis zum 1. September 2015 ein Zwischenbericht und bis Frühjahr 2016 ein Abschlussbericht vorgelegt werden soll.

Wir wissen nun auch, dass die Mitglieder des Sächsischen Landtags nach Abschluss der Arbeiten in „geeigneter Art und Weise“ unterrichtet werden sollen. Das halten wir für falsch.

Wir wissen demgegenüber nicht:
• welche konkreten Daten zum Personal hinsichtlich der Altersstruktur, zur Bedarfsberechnung, zur Personalgewinnung etc. erhoben und ausgewertet werden,
• wie die Aufgabenstruktur, die Aufgabenentwicklung und die sich daraus ergebenden Personalbedarfe erhoben und bewertet werden,
• inwieweit die bisher erarbeiteten Evaluationen in die Auswertung einfließen
• in welchem Verhältnis die Personalkommission zu der sog. Polizeifachkommission und zur „Hochschulentwicklungsplanung 2025“ sowie zum „Lehrerpersonalentwicklungskonzept 2020“ steht,
• inwieweit (welche) Bevölkerungsprognosen und die Entwicklung des Arbeitsmarktes bei der umfassenden Evaluation mit berücksichtigt werden.

Wir wissen also ziemlich wenig. Gemeinhin heißt es ja, tu gutes und rede darüber. Die Koalition verkauft sonst jeden Millimeter Fortschritt als Quantensprung. Beim Thema Personal bleibt es indes erstaunlich ruhig – Grund genug von Seiten des Parlamentes hier Transparenz zu fordern.

Denn ich Sachsen wird eine funktionsfähige Verwaltung absehbar an die Wand gefahren, wenn der Stellenabbau nicht gestoppt wird. Arbeitsmedizin ohne Arbeitsmediziner, sinkende Steuereinnahmen wegen fehlender Finanzbeamter und überlange Verfahrensdauern bei Gerichten aufgrund fehlenden Personals – all das ist in Sachsen kein Horrorszenario mehr sondern mögliche Realität. Es gilt jetzt schnell umzusteuern. Zu lange wurde unter dem Dogma des schlanken Staates die Strukturen kaputt gespart. Für dieses Umsteuern braucht es frühestmöglich eine Einbindung des Landtages.

Denn: Ob die Kommission ergebnisoffen arbeiten kann oder ob an dem Ziel, den Personalbestand der sächsischen Verwaltung von knapp 87.000 Stellen in 2010 auf rund 70.000 Stellen in 2020 zu reduzieren, festgehalten wird, wissen wir ebenfalls nicht.

Stellen Sie sich so eigentlich transparentes staatliches Handeln vor? Dass sie zwar sagen, was sie tun, aber nicht wie sie es tun? Ich warte indes auf den nächsten Minister in der Staatsregierung, der mal vollkommen überraschend den sofortigen Stopp des Stellenabbaus in seinem Ressort verkündet und dann zähneknirschend zugibt, dass man dafür wohl noch einen Beschluss des Landtages brauche.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalition, dieses Parlament ist kein Annex der Staatsverwaltung, dass alle zwei Jahre mit dem Haushalt auch ein bisschen über Personal und Personalbewirtschaftung informiert wird. Dieses hohe Haus trägt als Volksvertretung die Verantwortung für ein funktionierendes Staatswesen.

Wir haben dafür Sorge zu tragen, dass auf Sachsens Straßen ausreichend Polizei unterwegs ist, dass die Schulen den Unterricht mit genügend Lehrern sicherstellen können, dass Bürgerinnen und Bürger nicht bis zum Sankt-Nimmerleinstag auf eine Entscheidung des Gerichts warten müssen.

Um dieser Aufgabe gerecht zu werden, brauchen wir – genauso wie die Personalkommission – Informationen, etwa darüber, wie sich die Zahl der Stellen und Planstellen unter Berücksichtigung bestehender Abbauverpflichtungen bis 2030 ressort- und aufgabenspezifisch entwickelt hat oder welche aufgabenkritischen Konzepte und Vorhaben in den einzelnen Ressorts oder den nachgeordneten Behörden bestehen. Gerade bei diesem zentralen Thema darf es keine Evaluation im stillen Kämmerlein geben, sondern muss das hohe Haus frühzeitig in die Ergebnisse und Erkenntnisse der Kommission einbezogen werden. Dafür wäre die Vorlage des Zwischenberichtes allemal notwendig.

Wir möchten nicht erst mit Abschluss der Kommission auf die bis dahin interpretierten, kommentierten oder unter haushalterischen Aspekten angepassten Ergebnisse und Vorschläge der Personalkommission warten, sondern uns ein eigenes Bild von der Personalsituation im Freistaat Sachsen machen und daraus auch eigene Schlussfolgerungen ziehen.

Denn eines müssen wir uns klarmachen: Mit gutem Personal in der Verwaltung steht und fällt die Leistungsfähigkeit des Freistaates Sachsen. Kennzeichen der Personalpolitik der letzten CDU/FDP-Regierung war jedoch allein der Stellenabbau mit dem Ergebnis, dass in den nächsten 15 Jahren über die Hälfte der Staatsbediensteten in den Ruhestand gehen. Dringendste Aufgabe ist daher in den kommenden Jahren, gut ausgebildetes neues Personal zu finden. So lange auch die CDU/SPD-Koalition weiter die Altersabgänge zum Personalabbau nutzt, ist die Neueinstellung junger Fachkräfte allerdings nicht möglich. Wohin diese Fehlentwicklungen führen, merken wir bereits jetzt bei Polizei und Schule. Diese Fehlentwicklungen dürfen sich beim weiteren Personal in Sachsen nicht wiederholen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, wir GRÜNEN fordern schon seit langem die Erarbeitung eines Personalkonzepts. In der letzten Wahlperiode hatten wir in diesem Ansinnen Ihre volle Unterstützung. Der Koalitionsvertrag trägt in Sachen Personal Ihre Handschrift. Wir – und ich hoffe, Sie auch – haben hohe Erwartungen an die Evaluation, die die eingesetzte Personalkommission vornehmen soll. Ob die Kommission ihre Ziele jedoch erreicht, können wir nur beurteilen, wenn wir über die Herangehensweise und (Zwischen-)Ergebnisse frühstmöglich unterrichtet sind. Wir wollen Transparenz für das gesamte Verfahren. Ich bitte daher um Zustimmung zu unserem Antrag.

Vielen Dank!

23. Sitzung des Sächsischen Landtags, 19. November 2015, TOP 11

Verwandte Artikel