Die neue Regelung beim Abgeordnetengesetz ist nur ein schlechter Kompromiss

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Damen und Herren,

als heute Morgen die Meldung kam, dass die Koalition eilig eine Pressekonferenz zum Abgeordnetengesetz einberuft, hatten wir GRÜNE die Hoffnung, dass die Koalition erhebliche Teile ihrer Änderungspläne fallen lässt.

Verkündet hat die Koalition dann, an der Änderung der steuerfreien Abgeordnetenpauschale festzuhalten, jedoch eine Änderung bei der Frage der Rentenversorgung vorzunehmen.

Damit hat die Koalition aufgrund des massiven Drucks der Opposition, von Verbänden wie dem DGB, vom Verband der sächsischen Wirtschaft und der vielen Bürgerinnen und Bürger endlich nachgesteuert.

Bei der Vielzahl von Koalitionsabgeordneten, die in den letzten Wochen zu den Plänen wahlweise Zähneknirschen oder ihre Bauchschmerzen signalisiert haben, fühlte man sich die Tage ja auch eher wie in einem Lazarett als in einem Landtag. Daher begrüßen wir, dass sich die Koalition, wenn auch spät, bewegt hat.

Allerdings ist die neue Regelung aus unserer Sicht nur ein schlechter Kompromiss. Dass diese nun, obwohl die Kritik seit Wochen anhält, per Tischvorlage kommt, macht das Verfahren nicht besser.

Denn zum Verfahren gebe es in dieser Frage einiges zu sagen: in diesem Haus ist in den letzten Tagen viel über Stil und Parlamentarische Kultur gesprochen worden. Gerade beim Umgang mit dem Abgeordnetengesetz habe ich diese Stilfragen von Seiten der Koalition bis zum heutigen Tage vermisst.

Es in anderen Landtagen und auch im Bundestag durchaus gute Tradition das wesentliche Änderungen des Abgeordnetengesetzes in einem breiten Konsens unter den Fraktion verabschiedet werden.

Denn am Ende haben wir alle, egal ob Koalition oder Opposition, für diese Entscheidung geradezu stehen.

Leider wurde auch unter Schwarz-Rot das Spiel gespielt, die Koalition entscheidet und die Opposition wird vor vollendete Tatsachen gestellt. Dass in den letzten Wochen von Seiten der Koalition versucht wurde, dem Boten der schlechten Nachricht die Schuld an den bisherigen Reaktionen aus der Bevölkerung zuzuschieben, war stillos.

Die Zeiten, in denen der Bote der schlechten Nachricht des Überbringens der selbigen verantwortlich gemacht wurde, dürfte doch wohl vorbei sein.

Trotz der jetzt vorgenommenen Änderung bleibt unsere Kernkritik an den Plänen seiner des Abgeordnetengesetzes bestehen.

Gerade bei der Erhöhung der steuerfreien Abgeordnetenpauschale fehlt es an jedweder soliden Begründung für den Umfang der Erhöhung. 1.000 Euro sind eine Menge Geld. Bei der Summe erwarte ich eine saubere Begründung von mehr als einem Vierzeiler, wie er nach wie vor hier vorliegt. Weder in den Fachausschüssen noch anderweitig ist bisher eine ordentliche Rechnung aufgemacht worden. Die Zahl von 1000 Euro scheint frei gegriffen.

Wir sind bereit, über eine moderate Erhöhung zu reden. Mehr Mitarbeiter bedeuten auch mehr sachliche Aufwendung. Dafür hätte man aber eine nachrechenbare Grundlage vorlegen müssen.

Die ohrenbetäubende Sprachlosigkeit in Bezug auf eine nachvollziehbare Begründung der konkreten Summe ist nicht in der Lage Zweifel daran auszuräumen, dass es sich hier nicht doch um eine Diätenerhöhung durch die Hintertür handelt.

Und auch die jetzt vorgelegte neue Rentenregelung stellt aus unserer Sicht nach wie vor eine deutliche Überprivilegierung von Abgeordneten gegenüber den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern dar, die nicht vermittelbar ist. Sie verschärft immer noch das deutliche Gefälle zwischen der Versorgung von Abgeordneten und den Rentenansprüchen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die für einen abschlagsfreien Renteneintritt mit 63 immerhin 45 Beitragsjahre vorweisen müssen. Aufgrund der Steigerungssatzes können Abgeordnete weiterhin einen Rentenanspruch von 70 Prozent einer Diät (nach 19,5 Jahre) erwerben.

Die Koalition verfährt jetzt bei der Rentenregelung offenbar nach der Devise: „Ein bisschen weniger schlimm als bisher geplant.“ Ehrlicher und glaubwürdiger wäre es gewesen, zumindest von der Rentenregelung Abstand zu nehmen.

Der Gesetzentwurf enthält überdies auch handwerkliche Schwächen. Dies zeigt die Übergangsregelung für jene Mitglieder des Landtags, die sich in dieser Legislaturperiode für den Vorsorgebeitrag entschieden haben. Die Annahme, dass es ein leichtes sei, von der Rentenversicherung Beiträge zurückzufordern, macht die Sache nicht besser.
Teile des Gesetzentwurfes begrüßen wir nach wie vor. Gerade die Verbesserung der Kommunikation mit den Bürgerinnen und Bürgern ist der aktuellen Situation mehr als angebracht. Deshalb sind wir für eine Erhöhung des Mitarbeiterbudgets. Aber dieses richtige Anliegen wird durch die anderen Pläne der Koalition konterkariert.

Meine Damen und Herren,
wir können und werden diesem Gesetzentwurf auch in seiner geänderten Form nicht zustimmen.
Es wäre ehrlicher gewesen, insbesondere die Frage der Rentenregelung außen vor zu lassen und noch einmal in Ruhe – beispielsweise in einer Kommission – zusammen mit der generellen Frage der finanziellen Abgeordnetenausstattung zu diskutieren.

Dass, was die Koalition nun macht, ist in erster Linie der Versuch der Schadensbegrenzung. Hier wäre aber das Drücken des Reset-Knopfes notwendig gewesen.
Vielen Dank.

12. Sitzung des Sächsischen Landtags, 29. April 2015, TOP 2

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