Funkzellenabfragen

Die Zahl der nicht-individualisierten Funkzellenabfragen in Sachsen hat seit 2012 erheblich zugenommen. Dies geht aus der Antwort von Justizminister Sebastian Gemkow (CDU) auf eine Kleine Anfrage des Abgeordneten Valentin Lippmann, Sprecher für Datenschutz der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag, hervor.

„Der Anstieg solcher Abfragen, bei der Telekommunikationsunternehmen den Polizeibehörden die Telefonnummern, eingehende und ausgehende Telefonate und SMS in einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort (sog. Funkzellenabfrage) mitteilen, ist dramatisch. Bei jeder solcher Funkzellenabfrage werden die Daten tausender unschuldiger Bürgerinnen und Bürger erhoben“ erinnert Lippmann.

Waren es 2012 noch 104 Beschlüsse, die die Staatsanwaltschaft zur Durchführung einer Funkzellenabfrage bei Gericht erwirkte, gab es 2013 mehr als dreimal so viele (350 Beschlüsse). Allein im Januar 2015 gab es bereits 28 Beschlüsse. Insgesamt wurden seit 2013 in 565 Ermittlungsverfahren Verkehrsdaten aus ca. 21.000 Funkzellen erhoben. Durch die Netzbetreiber wurden etwa 23.000 Dateien mit Verkehrsdaten übermittelt.

„Das ganze Ausmaß dieser massenhaften Datenerhebung geht aus der Antwort leider nicht hervor. Justizminister Sebastian Gemkow (CDU) bleibt mir die Antwort schuldig, wie viele unbescholtene Personen tatsächlich von den Funkzellenabfragen betroffen sind. Aus den Erkenntnissen der rechtswidrigen Funkzellenabfragen um den 19. Februar 2011 wissen wir jedoch, dass es sich insbesondere bei Funkzellenabfragen in Innenstädten um mehrere tausend Betroffene handeln kann“, kritisiert der Abgeordnete.

„Über die einzelnen Funkzellenabfragen wurde bis September 2013 eine ausführliche Statistik geführt, um dem Sächsischen Datenschutzbeauftragten zu berichten. Dass diese Statistik eingestellt wurde, ist mehr als verwunderlich. Derart schwere Grundrechtseingriffe müssen transparent dargelegt und gegenüber dem Parlament sauber dokumentiert werden.“

„Ich fordere Justizminister Gemkow auf, dafür Sorge zu tragen, dass detaillierte Informationen auch künftig weiterhin an Parlament und den Datenschutzbeauftragten gehen. Zudem braucht es eine Einschränkung der scheinbar gängig gewordenen Praxis, bei nahezu jedem Verbrechen eine Funkzellenabfrage zu machen. Das Gesetz sieht das nur vor, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. Offensichtlich enden Ermittlungen in Sachsen nicht mit einer Funkzellenabfrage, sondern sie beginnen damit. Damit wird das Gesetz ad absurdum geführt. Eine Einschränkung dieser Praxis könnte bereits durch die regelmäßige Benachrichtigung der von der Abfrage Betroffenen erreicht werden. Aber auch hier bricht die sächsische Staatsanwaltschaft seit Jahren das Gesetz und benachrichtigt nur auf Anfrage. Auch das muss sich schleunigst ändern.“

Kleine Anfrage zu Funkzellenabfragen seit 2013

Kleine Anfrage für Jahresvergleich von Johannes Lichdi
sowie Kleine Anfrage zur Verkehrs- und Bestandsdaten der FDA im Februar 2011

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