Redebeitrag des Abgeordneten Valentin Lippmann (BÜNDNISGRÜNE) zum Gesetzentwurf der Fraktionen CDU, BÜNDNISGRÜNE und SPD: „Gesetz zur Einführung einer Karenzzeit für Mitglieder der Staatsregierung“ (Drs 7/15723) und dem Gesetzentwurf der AfD-Fraktion: „Fünftes Gesetz zur Änderung des Sächsischen Ministergesetzes“ (Drs 7/15595)
89. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Mittwoch 12.06.2024, TOP 12
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
am 1. September haben die Bürgerinnen und Bürger des Freistaates die Gelegenheit, von ihrem verfassungsrechtlich verbrieften Wahlrecht Gebrauch zu machen und einen neuen Landtag zu wählen, woraufhin sich eine neue Landesregierung bilden wird.
Auch wenn einige in diesem Haus nach den Europawahlen ihre blaue Scheindemokratie schon sehnlichst herbeisehnen, können wir über die Zusammensetzung des Landtags zum jetzigen Zeitpunkt nur wild spekulieren.
Bereits jetzt haben wir es als Parlamentarierinnen und Parlamentarier aber in der Hand, die Zukunft von ehemaligen Ministerinnen und Ministern zu regeln, wenn diese den Gang in die freie Wirtschaft gehen wollen.
Denn gerade wenn diejenigen, die in wichtigen Ämtern viel Einfluss auf die rechtlichen und tatsächlichen Rahmenbedingungen nehmen können, in den Kreis jener wechseln, die davon betroffen sind, entsteht – manchmal auch ganz zu Unrecht – der böse Schein der Verquickung von öffentlichen und privaten Interessen.
Auf Bundesebene gab es einer Vielzahl solcher skandalumwobenen Seitenwechsel, aber durchaus auch in Sachsen.
Vollkommen unabhängig, ob die Namen Schröder, Pofalla oder Tillich lauten: Es kam und kommt immer wieder zu Situationen, die Anlass geben, an der Integrität des Einzelnen zu zweifeln und eine Notwendigkeit gesetzlicher Regelungen zu verdeutlichen. Hierbei ist nur teilweise der Verkauf von Gemeinwohlinteressen so offensichtlich wie im Fall von Schröder an Putin. Es kann im Übrigen auch dahinstehen, ob es im jeweiligen Einzelfall tatsächlich zu einer Beeinflussung gekommen ist.
Denn für das Ansehen der Demokratie ist es bereits äußerst schädlich, wenn der entsprechende Anschein besteht. Ein solcher ist Wasser auf den Mühlen der Demokratie- und Republikfeinde im In- und Ausland, die losgelöst von angemessener Kritik im Einzelfall, unser hiesiges freiheitliches System verachten und keine Gelegenheit ungenutzt lassen, die Demokratie in Gänze zu diskreditieren.
Umso wichtiger ist es, dass wir mit dem nun vorliegenden Karenzzeitgesetz die öffentlichen Interessen schützen und hierdurch unsere Demokratie stärken.
Das Karenzzeitgesetz ist gleichzeitig auch vom Grundsatz geleitet, dass Politik und Wirtschaft keine Antagonisten sind. Ein starkes Sachsen lebt auch von einer starken Wirtschaft und es ist auch nicht per se verwerflich, aus der Politik in die freie Wirtschaft zu wechseln.
Dementsprechend haben wir auch im Gesetzgebungsprozess berücksichtigt, dass eine Karenzzeitregelung im Einzelfall einen nicht unerheblichen Eingriff in die Berufsfreiheit oder allgemeine Handlungsfreiheit des ehemaligen Mitglieds der Staatsregierung darstellt und daher wohlbegründet erfolgen muss und auch nicht zu tiefgreifend ist.
Im Rahmen des koalitionsinternen Einigungsprozesses ist jetzt eine zwölfmonatige Karenzzeit nach Beendigung des Amtsverhältnisses herausgekommen. Nach dem Ausscheiden aus dem Amt muss dann zukünftig gegenüber der Staatsregierung angezeigt werden, dass eine neue Erwerbstätigkeit oder sonstige Beschäftigung außerhalb des öffentlichen Dienstes aufgenommen wird. Die Staatsregierung kann im Anschluss bei Beeinträchtigung öffentlicher Interessen die Tätigkeit ganz oder teilweise untersagen und sich in ihrer Entscheidung von einem Gremium beraten lassen. Hiermit haben wir in verfassungskonformer Weise die gegenläufigen Interessen zum Ausgleich gebracht.
Bei alledem kann und muss ich BÜNDNISGRÜNE aber mit Blick auf den Änderungsantrag der Linksfraktion sagen, dass auch wir uns eine längere Karenzzeit hätten vorstellen können hätten. Wir haben den Wechsel des ehemaligen Ministerpräsidenten Tillich in den Aufsichtsratsvorsitz der MIBRAG noch bleibend in Erinnerung. Dies geschah nur 20 Monate nach seinem Rücktritt als Ministerpräsident, was unabhängig von der Frage, ob hier am Ende das Karenzzeitgesetz gegriffen hätte, die Problematik mit der kurzen Dauer illustriert.
Bei allen koalitionsinternen Uneinigkeiten bei der Länge der Karenzzeit ist es dennoch wichtig, dass wir uns in der Sache mit unseren Partnern geeinigt haben.
Mit dem sächsischen Karenzzeitgesetz verlässt der Freistaat endlich die Riege der Bundesländer ohne entsprechende Regelung. Wir setzen damit ein wichtiges Zeichen gegen Interessenskonflikte, zum Schutz unserer demokratischen Entscheidungsprozesse und gegen Diktatorenfreunde jedweden Couleurs.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
irgendwie eine passende Überleitung zum vorliegenden Gesetzentwurf der AfD zur Änderung der Ruhegehaltsbezüge von Ministerinnen und Minister muss man eigentlich nicht viel ausführen.
Der Entwurf der AfD wurde scheinbar unter dem Motto verfasst – möglichst viel Inkompetenz auf möglichst wenig Seiten unterbringen.
Sie wollen etwa die Zeiträume des Ruhegehalts mit dem Argument reduzieren, dass Ministerinnen und Minister auch noch anderweitige Rentenansprüche erworben haben. Im Ausschuss musste ich Sie dann erstmal darauf hinweisen, dass es für solche Rentenansprüche besoldungsrechtliche Anrechnungsregelungen gibt. Aber das sind für den Herrn Wendt nur unwichtige Details und damit möchte man sich in der AfD dann ungern beschäftigen – es geht ja um Symbole und nicht etwa um Sachpolitik.
Lieber stellt man sich als Robin Hood des Vergütungsrechts dar, der vom bösen Staat nimmt und den Armen gibt, jedenfalls solange sie nur weiß, blond und blauäugig sind.
Auch die Heraufsetzung der Mindestamtszeit für das Ruhegehalt von vier auf fünf Jahren wird den sich aufgrund der Parteienvielfalt ergebenden zunehmend wechselnden Mehrheiten nicht gerecht. Hierdurch wird nur der Anreiz verstärkt, am Amt zu kleben. Aber das zu durchdenken, wäre vielleicht zu viel verlangt.
Es gebietet dabei auch nicht einer gewissen Ironie, wenn die AfD die angeblich fürstlichen Ruhegehälter kritisiert und Herr Dornau dem Landtag dann gleichzeitig nicht mitteilt, dass er in Belarus ein halbes Fürstentum besitzt. Aber vielleicht ist es für die AfD auch nur ein unwichtiges Detail, ob man sich von Diktaturen kaufen lässt oder eben nicht.
Zu Ihrem Gesetzentwurf sei daher nur gesagt: Mir sind gut bezahlte und gut abgesicherte Ministerinnen und Minister, die fest auf der Verfassungsordnung dieses Landes stehen, tausendmal lieber als ein Haufen korrupte Putin-Jünger unter dem Tarnmantel des Abgeordnetenmandates.
Vielen Dank.