Konsequenzen aus Verfassungsschutzbericht 2017 − Verschärfung von Paragraf 90a (Verunglimpfung des Staates) ist unverhältnismäßig

Zu den heute von Innenstaatssekretär Prof. Günther Schneider und Gordian Meyer-Plath, Präsident des Landesamts für Verfassungsschutz, angekündigten Maßnahmen gegen sog. Reichsbürger sowie dem vorgestellten Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2017 erklärt Valentin Lippmann, innenpolitischer Sprecher der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag:

„Bei allem Verständnis für die Belastung der Verwaltung und der Gefahr, die von einzelnen sog. Reichsbürgern ausgeht, halte ich die geforderte Verschärfung des § 90a StGB für vollkommen unverhältnismäßig. Wenn das Leugnen der Existenz der Bundesrepublik künftig strafbar sein soll, sind wir endgültig im Bereich des Gesinnungsstrafrechts angekommen. Kennzeichen unseres demokratischen Rechtsstaates ist es doch gerade, dass er die Meinungsfreiheit schützt. Und wenn jemand an die Existenz des fliegenden Spaghettimonsters glaubt, soll er das tun, so lange er sich nicht anderweitig strafbar macht oder gewalttätig wird.“

„Das Förderprogramm zur Stärkung kommunaler Präventionsarbeit begrüße ich, soweit es tatsächlich der Vernetzung von Akteuren der Präventionsarbeit vor Ort und konkreten Präventions- und Aufklärungsprojekten gilt. Für die Erstellung lokaler Lagebilder zur Kriminalitätsentwicklung und Statistiken soll jedoch weiterhin die Polizei zuständig bleiben. Nur so kann ein für ganz Sachsen einheitliches und vergleichbares Lagebild überhaupt erstellt werden. Generell lehne ich kommunale Bürgerbefragungen zum individuellen Sicherheitsgefühl ab. Ich wüsste nicht, was sie nützen sollten, wenn sie wissenschaftlich nicht begleitet sind.“

„Die Ausführungen zum Verfassungsschutzbericht irritieren mich jedes Jahr. Die Bereiche Rechts-, Links- und Ausländerextremismus sowie die Reichsbürger werden allesamt in erster Linie als ein Phänomen der Ablehnung des Staates betrachtet. Dass die fremdenfeindliche und menschenverachtende Einstellung große Teile der sächsischen Bevölkerung betrifft, wird jedoch vollkommen vernachlässigt, wenn man lediglich Rechtsextreme zählt.“

„Schenkt man den Zahlen des Verfassungsschutzes Glauben, ist die Zahl von Islamisten in Sachsen in den vergangenen Jahren angestiegen. Ich fordere die Staatsregierung auf, auch in diesem Bereich die Präventionsbemühungen zu verstärken. Entsprechende Vorschläge haben wir GRÜNEN bereits unterbreitet. Bei Prävention und Integration ist in Sachsen noch viel Luft nach oben, wenn man sich nicht nur mit Abschiebungen als Mittel der Wahl beschäftigen würde.“