Rede des Abgeordneten Valentin Lippmann zur zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Staatsregierung: „Gesetz zur Weiterentwicklung des Sächsischen Dienstrechts“ (Drs. 6/11669)
74. Sitzung des Sächsischen Landtags, 27. Juni, TOP 8
– Es gilt das gesprochene Wort –
Herr Präsident, meine Damen und Herren,
das Beamtenrecht gehört gemeinhin nicht zu den Gassenhauern des Parlamentarismus. Das zeigt sich nicht nur regelmäßig an der Besetzung des Plenum sondern auch der schlichten technokratischen Nüchternheit mit der argumentiert wird.
Dabei handelt es sich nicht nur um eine der spannendsten Materien, die wir mit dem heutigen Gesetzentwurf behandeln, sondern auch um eine sehr bedeutsame. Denn wir regeln die Arbeitsbedingungen von zehntausenden Menschen im öffentlichen Dienst des Freistaates.
Und unter den momentanen Bedingungen eines – demnächst wahrscheinlich fast schon krisenhaften – Personalnotstands in der Verwaltung reden wir hier heute also nicht über ein bisschen Technokratie sondern über die entscheidenden Weichenstellungen für die Zukunft des öffentlichen Dienstes in Sachsen.
Das immer wieder von der Koalition hochgehaltene Versprechen eines attraktives und konkurrenzfähigen öffentlichen Dienstes in Sachsen bricht an Angesicht dessen, was wir hier heute diskutieren. Dieser Gesetzentwurf ist sicher an vielen Stellen nicht falsch – aber verschläft die Zukunft des öffentlichen Dienstes.
Ich mache ihnen das mal an zwei großen Punkten deutlich. Ein moderner öffentlicher Dienst braucht neben der Verlässlichkeit des Dienstverhältnisses auch mehr Flexibilität. Hier ist in der Vergangenheit mit dem Altersgeld und den flexibleren Aufstiegsmöglichkeiten einiges getan worden. Aber hier muss noch mehr kommen. Wir brauchen eine Flexibilisierung der Krankenversicherungsregelungen. Das Privileg der Beihilfe kann sich – und wir werden das in Anbetracht der anstehenden Verbeamtung von Lehrerinnen und Lehrern erleben – auch zur Bürde entwickeln, für Personen, die erst verhältnismäßig spät verbeamtet werden. Zudem soll es auch Beamtinnen und Beamte geben, die den Solidargedanken der Gesetzlichen Krankenversicherung schätzen. Deshalb gibt es derzeit in einigen Ländern die Debatte, es auch den Beamten zu ermöglichen schadfrei in die GKV zu wechseln. Das wäre auch ein Ansatz für Sachsen. Zumal es hier bereits eine Gruppe gibt, die das Recht hat, sich zwischen der Beihilfe und der GKV zu entscheiden und für letztere die Hälfte der Kosten als Zuschuss zu erhalten – es sind die Abgeordneten des Sächsischen Landtages. Ich finde: Was wir uns gönnen, sollten wir den Bediensteten des Freistaates als Wahlmöglichkeit nicht verwehren.
Ein Dreh- und Angelpunkt eines modernen attraktiven Dienstrechtes ist und bleibt auch die gute Besoldung. Während zumindest pekuniär die Scharte der verfassungswidrigen Streichung des Weihnachtsgeldes ausgewetzt wurde und man an der Untergrenze des verfassungsrechtlich zulässigen vor sich hin alimentiert, wird im Freistaat eine himmelschreiende Ungerechtigkeit fortgesetzt.
Sachsen spart sich munter auf den Rücken der Beamtinnen und Beamten gesund, weil es eine erhebliche Zahl an Beamten – insbesondere bei der Polizei – gibt, die mit deutlich niedrigerer Besoldungsgruppe auf einen höher bewerteten Dienstposten ihren Dienst verrichten. Das muss ein Ende haben, werte Kolleginnen und Kollegen – wir wollen als GRÜNE, dass Beamtinnen und Beamte für die Leistung bezahlt werden, die sie erbringen.
Und wenn man es in diesem Land offenbar nicht schaffen will, endlich richtig zu befördern, dann muss man halt das Schmerzensgeld zahlen und die 2013 abgeschaffte Ausgleichszulage wieder einführen. Andernfalls können Sie sich ihre Sonntagreden von der Attraktivität des öffentlichen Dienstes sparen.
Zum Schluss: Wenn sie schon nicht viel Gutes machen – dann lassen sie wenigstens das Schlechte. Gängeln Sie die Beamtinnen und Beamten der Polizei nicht auch noch mit einer sinnfreien Vorsorgeuntersuchung. Diese hat keinerlei erkennbaren Nutzen, frisst nur Zeit und wird am Ende höchstens jene Erkenntnisse bestätigen, die wir alle schon haben. Die meisten Polizistinnen und Polizisten sind wegen Überlastung krank.
Lassen Sie uns für einen attraktiven öffentlichen Dienst einstehen, um künftig auch nur den Hauch einer Chance im Kampf um die besten Köpfe zu haben. Mit Zaghaftigkeit gewinnen wir hier keinen Blumentopf und erst recht keine Beamtinnen und Beamte für den Freistaat.
Dieser Gesetzentwurf hat die Chance für ein modernes Dienstrecht verpasst, weswegen meine Fraktion nicht nur zentrale Änderungsanliegen hat, sondern sich im Falle ihrer Nichtannahme, enthalten wird.