Foto: Grüne Fraktion Sachsen

Plenarrede: E-Government – Der Transformationsprozess in der gesamten staatlichen Verwaltung muss beschleunigt werden

Redebeitrag des Abgeordneten Valentin Lippmann zum Gesetzentwurf der Staatsregierung: „Gesetz über die Versammlungsfreiheit im Freistaat Sachsen“, Drs 6/15506
92. Sitzung des 6. Sächsischen Landtags, Mittwoch, 23. Mai, TOP 17

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen,

unter dem Begriff des E-Governments versteht man den Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien für Erstens schnelleres, effizienteres und kostengünstigeres Verwaltungshandeln und für Zweitens die Möglichkeit eines unkomplizierten, zeitlich unabhängigen Zugangs zu den Leistungen des Staates für Bürgerinnen und Bürger oder Unternehmen.

Das E-Governmentgesetz schafft dafür die erforderliche Rechtsgrundlage und mit dem vorliegenden Gesetzentwurf werden einige Punkte, die sich aus der Evaluierung des Gesetzes ergaben, nachgeschärft.

Was dem Gesetz nach wie vor fehlt, sind konkrete Ziel- oder Zweckbestimmungen. Denn es reicht nicht, nur mit einem Gesetz die Voraussetzungen für E-Government im eben skizzierten Umfang zu schaffen. Die Ziele müssen auch umgesetzt werden. Aber daran hapert es im Freistaat erheblich.

Da wäre beispielsweise die Einführung von eVA.SAX zu nennen. 2002 wurde beschlossen, die elektronische Vorgangsbearbeitung für schnelleres, effizienteres und kostengünstigeres Verwaltungshandeln einzuführen und ressortübergreifend zu koordinieren. 17 Jahre und fast 100 Mio. Euro später ist die Einführung immer noch nicht abgeschlossen. Wenn ich die Zahlen aus 2016 vorsichtig hochrechne, ist die elektronische Vorgangsbearbeitung heute gerade einmal bei 50 Prozent der Landesverwaltung eingeführt.

Noch weiter hinterher hinkt Sachsen in Sachen unkomplizierten, zeitlich unabhängigen Zugang zu den Leistungen des Staates für Bürgerinnen und Bürger oder Unternehmen.

Der Gesetzentwurf schafft die Rechtsgrundlage dafür, dass das Serviceportal Amt24 künftig zum Verwaltungsportal für alle staatlichen Behörden wird und beispielsweise die Nutzerkonten nach dem Onlinezugangsgesetzes bereitstellt. Aber nutzen Sie heute mal die Suchfunktion des Amt24 und suchen Sie die Polizeibeschwerdestelle. Sie finden sie nicht.

Und, verehrte Kolleginnen und Kollegen der Koalition, das E-Governmentgesetz sieht zwar eine Pflicht sächsischer Behörden zur proaktiven Bereitstellung von Daten über öffentlich zugängliche Netze vor und das umfassend für all jene Daten, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben erheben oder durch Dritte erheben lassen. Aber es begründet ausdrücklich keinen Anspruch auf Bereitstellung dieser Daten. Die Bürgerinnen und Bürger haben keinen Zugang, wenn dies nicht gesetzlich normiert ist.

Haben Sie sich gelegentlich einmal in die Situation einer kleineren Verwaltungseinheit versetzt, die nunmehr verpflichtet ist, Daten abrufbar bereitzuhalten, die kein Mensch abrufen kann, weil sie oder er nicht darf? Das ist doch demotivierend!

Sie haben es in fünf Jahren dieser Koalition nicht geschafft, ein Informationsfreiheits- oder Transparenzgesetz zu vereinbaren und in den Landtag einzubringen. E-Government, Open Data und Digitalisierung sind große Worte, die in Sachsen gerne mit den Begriffen ‚moderne Verwaltung‘ und ‚Zukunft‘ verknüpft werden. Tatsächlich dauern diese Prozesse Jahre und Jahrzehnte.

Was dazu führt, dass – wie beim Amt24 – noch bevor alle Verwaltungsverfahren auf die Basiskomponente Formularservice (im klassischen PDF-Format) umgestellt worden sind, schon die Ablösung durch das Verfahrensmanagement erfolgt, das das Onlinezugangsgesetz umsetzt und das – wichtig – medienbruchfreie, barrierefreie Online-Antragsverfahren ermöglicht.

Das bedeutet, dass die Einführung von E-Government-Lösungen so lange dauern, dass sie bei ihrem ersten Einsatz schon veraltet sind.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

mir ist bewusst, dass die Einführung von Informations- und Kommunikationstechnologien im Öffentlichen Dienst durchaus anspruchsvoll ist, aber so wie es gerade läuft, kann es nicht weitergehen.

Wir möchten daher mit unserer Zustimmung zu diesem Gesetz dringend an die Staatsregierung appellieren, den Transformationsprozess in der gesamten staatlichen Verwaltung zu beschleunigen.

Verwandte Artikel