Redebeitrag des Abgeordneten Valentin Lippmann zum Antrag der Fraktionen CDU und SPD:
„Attraktivität des Öffentlichen Dienstes im Freistaat Sachsen steigern – Sachgrundlose Befristungen abbauen“, Drs 6/17641
92. Sitzung des 6. Sächsischen Landtags, Mittwoch, 22. Mai, TOP 2
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrter Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen,
es gibt häufiger Momente im Leben eines Abgeordneten, da weiß man nicht mehr, ob man lachen oder weinen soll. Als die Koalition diesen Antrag eingereicht hatte, war dieser Punkt mal wieder erreicht. Denn das, was Sie hier aufführen ist ganz großes Theater, nur leider kein gutes.
Keine 14 Monate, nachdem die Koalition in Bausch und Bogen unseren Antrag zur Abschaffung sachgrundloser Befristungen im öffentlichen Dienst abgelehnt hat, reichen Sie einen nahezu wortgleichen Antrag ein, um ein Problem zu lösen, dass Sie vor über einem Jahr nicht wahrhaben wollten.
Ich weiß nicht, ob das von Selbstverleugnung oder Selbsterkenntnis innerhalb der Koalition zeugt, dass wir heute endlich dazu kommen, dass ein GRÜNER Antrag auch mal eine Mehrheit findet, wenn auch unter falscher Flagge. Das Agieren der Koalition in einem derart wichtigen Themenbereich ist auf jeden Fall ein Zeichen dafür, dass CDU und SPD von guter Regierungsarbeit mittlerweile weiter entfernt sind, als Deutschland vom Gewinn des Eurovision-Songcontests.
Wir GRÜNE teilen diesen Antrag inhaltlich natürlich ausdrücklich. Ein attraktiver öffentlicher Dienst kann sich keine sachgrundlosen Befristungen mehr leisten. Wer Perspektiven schaffen will, muss Sicherheit für die Bediensteten schaffen. Im Kampf um jeden Kopf kann der öffentliche Dienst vielleicht nicht mit großen pekuniären Anreizen auftrumpfen, aber er kann – gerade auch in einer vielleicht zukünftig wieder wirtschaftlich unsichereren Zeit – mit Sicherheit bestechen.
Und deshalb verbietet es sich, einerseits eine Arbeitgebermarke einzuführen und in Grußworten auf Gewerkschaftstagen die Attraktivität des öffentlichen Dienstes zu preisen und gleichzeitig nichts gegen das süße Gift der sachgrundlosen Befristungen zu tun. Der Staat als Arbeitgeber hat Vorbild zu sein und deswegen muss sofort Schluss sein mit den sachgrundlosen Befristungen in der Verwaltung.
In der letzten Debatte pochte man von Seiten der CDU und der SPD ja noch darauf, dass die Staatsregierung das Problem schon von alleine klären würde. Vielleicht hat Sie der Blick in meine Kleinen Anfragen dazu eines besseren belehrt. Es gib immer noch viel zu viele sachgrundlose Befristungen im öffentlichen Dienst. Zuletzt 1551 Personen, die hiervon betroffen waren und es werden solche auch immer noch munter ausgeschrieben.
Zuletzt fanden sich im Karriereportal des Freistaates unter anderem Ausschreibungen für sachgrundlose Befristungen für Justizbeschäftige, ein Sachbearbeiter Stadtentwicklung, ein Sachbearbeiter Katastrophenschutz, sowie ein Psychotherapeut. Alles samt Stellen, bei denen sich schon aufgrund der Aufgaben erschließen dürfte, dass eine sachgrundlose Befristung fehl am Platze ist. Und überdies: sachgrundlose Befristungen auf einem ‚Karriere‘-portal auszuschreiben ist schon der blanke Hohn. Denn wenn Sie einmal eine sachgrundlos befristete Beschäftigung beim Freistaat hatten, ist es ganz schnell vorbei mit der Karriere im Staatsdienst, weil eine erneute Einstellung in einem befristeten Arbeitsverhältnis dann eben nicht möglich ist.
Ich weiß nicht, was sich im letzten Jahr geändert hat; ob CDU und SPD merken, dass es eben den Druck des Parlamentes braucht, um der Regierung bei ihrer arbeitnehmerfeindlichen Praxis endlich in den Arm zu fallen, oder ob es andere Gründe waren. Fakt ist: Durch ihr Zögern und Ihr Zaudern haben Sie es zugelassen, dass Beschäftigte des Freistaates ein weiteres Jahr ohne Not sachgrundlose Befristungen erdulden mussten. Sie haben ein weiteres Jahr Politik auf den Rücken der Beschäftigten des Freistaates Sachsen gemacht.
Zum Schluss noch eine Feststellung: Es täte diesem Land gut, wenn die Koalition auch mal verinnerlichen könnte, dass die Opposition manchmal einfach Recht hat und es ein Zeichen von Größe wäre, im Sinne der Sache, zu erkennen, dass Mehrheit und Wahrheit auf dem Papier zwar nur zwei Buchstaben in der Realität aber Welten voneinander entfernt sein können.
Wir stimmen zu!