Allein im ersten Halbjahr 2015 war der Rettungsdienst in den Direktionsbezirken Chemnitz und Leipzig in über 16.000 von insgesamt 111.158 Einsätzen − also in knapp 15 Prozent aller Einsätze − nicht innerhalb der gesetzlich vorgesehen Zeit von 12 Minuten vor Ort. Das hat Innenminister Markus Ulbig (CDU) auf eine Kleine Anfrage des Abgeordneten Valentin Lippmann (GRÜNE) einräumen müssen.
„Nachdem Innenminister Ulbig mehrfach versucht hat, sich durch die Nichtbeantwortung von Anfragen zur Einhaltung der Hilfsfristen um das Problem herumzumogeln, liegt es nun zumindest für etwa zwei Drittel Sachsens schwarz auf weiß auf dem Tisch. Im Freistaat sind in 15 Prozent aller Fälle die Rettungsdienste nicht innerhalb der gesetzlichen Hilfsfrist vor Ort“, kritisiert Valentin Lippmann, innenpolitischer Sprecher der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag.
„Dabei muss nach der Landesrettungsdienstplanverordnung in 95 Prozent aller Einsätze der Rettungsdienst innerhalb von 12 Minuten vor Ort sein.““Dass dieser nicht hinnehmbare Zustand seit Jahren anhält, ist auch ein Versagen des Innenministers. Weder sein zuständiges Innenministerium noch die Landesdirektion haben bisher Maßnahmen der Rechtsaufsicht getroffen und versuchen offensichtlich, das Problem in unverantwortlicher Art und Weise auszusitzen.“
„Diese unhaltbaren Zustände müssen endlich ein Ende haben“, fordert der Abgeordnete. „Wenn der Rettungsdienst in 15 Prozent der Einsätze nicht rechtzeitig vor Ort ist, geht dies auf Kosten der Gesundheit von Menschen. Davor kann der Innenminister als Chef der Aufsichtsbehörde für den Rettungsdienst nicht länger die Augen verschließen. Er muss schleunigst geeignete Maßnahmen treffen, um diesen rechtswidrigen Zustand zu beseitigen.“
„Verschärft wird die Situation des sächsischen Rettungsdienstes noch dadurch, dass für den Direktionsbezirk Dresden seit 2013 weiterhin keine aussagekräftigen Zahlen vorliegen. Nach Inbetriebnahme der ‚Integrierten Regionalleitstellen‘ können wegen Schwierigkeiten mit der Software aktuell und wahrscheinlich noch bis Ende des Jahres keine Statistiken mehr über die Rettungsdiensteinsätze geführt werden. Ob der Rettungsdienst in Dresden oder in Sachsens Osten rechtzeitig vor Ort ist, weiß derzeit offenbar kein Mensch“, befürchtet Lippmann.
Hintergrund:
Die GRÜNE-Fraktion hat einen Antrag in den Sächsischen Landtag eingebracht, in dem der Innenminister aufgefordert wird, geeignete Maßnahmen zu treffen, um den Notstand bei den Rettungsdiensten zu beseitigen. Das Innenministerium ist als oberste Brandschutz-, Rettungsdienst- und Katastrophenschutzbehörde für die Kontrolle der Hilfsfristen zuständig und muss im Rahmen der Aufsicht tätig werden.
Stellungnahme der Staatsregierung zum Antrag der Fraktion GRÜNE
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