Sächsische Bürgerinnen und Bürger rüsten nicht nur durch Erwerb von Pfefferspray, Tränengas und sonstigen freiverkäuflichen Waffen auf. Sie versuchen auch in Besitz der Erlaubnis zum Führen von Schusswaffen zu kommen. Der Zugang zu den Waffen erfolgt dabei vor allem über die Schießsportvereine. Das geht aus einer Kleinen Anfrage des Abgeordneten Valentin Lippmann, innenpolitischer Sprecher der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag, hervor.
„Die Zahlen sind erschreckend. Die Sachsen versuchen offensichtlich vermehrt an erlaubnispflichtige Waffen zu kommen. Während zum 31. Dezember 2013 34.615 Personen mit waffenrechtlicher Erlaubnis im Nationalen Waffenregister gespeichert waren, waren es zum 31. Oktober 2015 bereits 37.579. Das sind 2.964 Personen mehr als noch vor knapp zwei Jahren. Offensichtlich geht mit dem diffusen Unsicherheitsgefühl sächsischer Bürgerinnen und Bürger das Bedürfnis einher, sich zu bewaffnen.“
„Besorgniserregend ist insbesondere der hohe Anteil an Personen, die Sachkundeprüfungen in Schießsportvereinen ablegen, wie die Zahlen des Innenministeriums zeigen. Dort meldeten sich von Januar bis Oktober 2015 insgesamt 346 Personen zu Sachkundeprüfungen an. So viele Prüfungsteilnehmer haben sich in den gesamten letzten vier Jahren nicht angemeldet. Auch bei den staatlich anerkannten Lehrgangsträgern hat die Zahl der Prüfungsteilnehmer zugenommen. Waren es in den Vorjahren im Schnitt 350 Teilnehmer, lag die Zahl 2014 bereits bei 450 und in den Monaten Januar bis Oktober 2015 bei 451. Dabei sind die Zahlen noch nicht einmal vollständig. Im Landkreis Leipzig sind bei den Waffenbehörden – obwohl eine Meldepflicht der Vereine besteht – keinerlei Aufzeichnungen mehr vorhanden. Auch in Chemnitz fehlen Aufzeichnungen der Jahre 2010-2013.“
„Nach dieser enormen Nachfrage an den Sachkundeprüfungen gilt es nun, die Zunahme der Zahl der Waffenscheininhaber und der Waffenbesitzer zu begrenzen. Dem Run auf erlaubnispflichtige Waffen muss ein Riegel vorgeschoben werden. Innenminister Markus Ulbig hat dafür Sorge zu tragen, dass die Waffenbehörden genau prüfen, ob Waffenscheininhaber und Waffenbesitzer auch die erforderliche Zuverlässigkeit zum Waffenbesitz haben. Das gilt auch für Inhaber des Kleinen Waffenscheins. Waffen gehören auf keinen Fall in die Hände Rechtsextremer oder gewaltsuchender Hooligans. Für eine bessere Kontrolle der Schießsportvereine und Waffenbesitzer benötigt es ausreichend Personal in den Waffenbehörden. Dafür muss Ulbig ebenso sorgen wie für eine ordnungsgemäße Aufbewahrung von Unterlagen in den Behörden.“
Weitere Vorschläge für weniger Waffen in Sachsen haben die GRÜNEN bereits Anfang des Jahres unterbreitet.
Der GRÜNE Antrag „Weniger Waffen, mehr Sicherheit im Freistaat Sachsen“ (Drs. 6/893)
Kleine Anfragen:
Personen mit Sachkundenachweis nach WaffenG (Drs. 6/3061)
Anstieg der Zahl der Waffen (Drs. 6/28)
Kleine Anfrage von Eva Jähnigen, 25.07.2014 „Waffenbesitz und Waffenkontrolle im Freistaat Sachsen“ (Drs. 5/14769), u.a. zur Besetzung der Waffenbehörden
Hintergrund:
Der Nachweis der erforderlichen Sachkunde ist erforderlich für die Beantragung eines Waffenscheins oder einer Waffenbesitzkarte. Die Sachkundeprüfungen können sowohl die Landesdirektion, staatliche anerkannte Lehrgangsträger oder schießsportliche Vereine abnehmen. Außerdem ist die Sachkundeprüfung Teil der Jagdprüfung und der Gesellenprüfung des Büchsenmacherhandwerks. Die Schießsportvereine müssen den zuständigen Waffenbehörden die Namen der Teilnehmer vor dem Tag der Prüfung mitteilen.
Das Waffengesetz unterscheidet zwischen dem Waffenschein und dem sog. Kleinen Waffenschein. Ein Waffenschein wird für höchstens drei Jahre erteilt und setzt neben Volljährigkeit, persönlicher Eignung, Zuverlässigkeit, Haftpflichtversicherung auch einen Sachkundenachweis und ein Bedürfnis zum Führen von Waffen voraus. Letzteres wird etwa bei Sportschützen und Jägern anerkannt. Der sog. Kleine Waffenschein berechtigt nur zum Führen von Signal-, Reizstoff- und Schreckschusswaffen. Bei der Erteilung des Scheins, die unbefristet erfolgt, wird kein Sachkundenachweis und ein Bedürfnis verlangt.
Anders als der Waffenschein, erlaubt die sog. Waffenbesitzkarte den Erwerb und den Besitz einer Waffe, nicht jedoch das Führen. Die Waffenbesitzkarte wird in der Regel unbefristet erteilt. Auch sie setzt Volljährigkeit, persönliche Eignung, Zuverlässigkeit, Haftpflichtversicherung, Sachkundenachweis und ein Bedürfnis zum Erwerb und Besitz von Waffen voraus.
Zusätzliche Erläuterung:
Aufgrund vielfacher Fehlinterpretation der Hintergrundinformation wird Folgendes angefügt: Die Pressemitteilung behauptet nicht, dass Jäger und Sportschützen zur Ausübung ihrer Tätigkeit einen Waffenschein beantragen oder beantragen müssen. Vielmehr wurde im Hintergrund lediglich dargestellt, dass beispielsweise für den Waffenschein ein Bedürfnis vorausgesetzt wird. Dieses Bedürfnis, welches aber gleichfalls Voraussetzung für die Erteilung einer Waffenbesitzkarte ist, wird im darauf folgenden Satz erläutert. Damit wird nicht behauptet, dass das Bedürfnis zur Erteilung eines Waffenscheins ausreicht, vielmehr treten noch andere Voraussetzungen hinzu die für Sportschützen in der Regel nicht zutreffen. Die Erläuterung zur für Sportschützen maßgeblichen Waffenbesitzkarte erfolgt indes im drauf folgenden Absatz des Hintergrundes.