Übermittlung von umstrittenen personengebundenen Hinweise (PHW) an Gerichtsvollzieher

Die Fraktionen von CDU und SPD haben in der heutigen Sitzung des Verfassungs- und Rechtsausschusses des Sächsischen Landtags die Ausweitung der Weitergabe der umstrittenen personengebundenen Hinweise (PHW) an Gerichtsvollzieher beschlossen. Dazu erklärt Valentin Lippmann, Sprecher für Datenschutz der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag:

„Die Datenübermittlungsvorschriften im Justizgesetz hätten auf dem Prüfstand gemusst und nicht verlängert werden dürfen. Die Entscheidung der koalitionstragenden Fraktionen erfolgte gegen die ausdrückliche Empfehlung des Sächsischen Datenschutzbeauftragten. Dieser hatte in einer Stellungnahme, die dem Ausschuss schriftlich vorlag, festgestellt, dass die Erfahrungen der vergangenen zwei Jahre mit dieser Regelung nicht dafür sprechen, sie zu verlängern. Insgesamt sei zweifelhaft, ob die Weitergabe der bei der Polizei gespeicherten PHW an Gerichtsvollzieher für die Aufgabenerfüllung erforderlich und vor allem geeignet sind.“

„Der dem Landtag nach Einreichung des Änderungsantrages zugeleitete Evaluationsbericht zur Bewährung der vor zwei Jahren eingeführten Weiterleitung von personenbezogenen Daten über die Gefährlichkeit von Personen an Gerichtsvollzieher rechtfertigt keineswegs die Fortführung dieser bis Ende des Jahres befristeten Regelung. Vielmehr wird deutlich, dass die Daten auch rechtswidrig übermittelt wurden, etwa zu Suizidgefährdeten oder an Dritte, z.B. an Gläubiger. Die Evaluation hat damit nicht nur gezeigt, dass die Übermittlung personengebundener Hinweise an Gerichtsvollzieher weit weniger genutzt wurde, als angenommen – nämlich nur 339 statt 7.000 bis 8.000 – und Angriffe auf Gerichtsvollzieher dadurch auch nicht verhindert wurden. Noch viel schwerer wiegt allerdings die Feststellung, dass die Übermittlungen über das gesetzlich erlaubte Maß vorgenommen wurden, also Daten rechtswidrig entweder bereits an den Gerichtsvollzieher oder von ihm an Dritte übermittelt wurden. Wenn die Koalition trotz dieser Erkenntnisse an der Entfristung dieser Regelung festhält, nimmt sie weitere Rechtsverstöße nicht nur sehenden Auges in Kauf, sie legitimiert sie auch. “

„Mit dieser Verfahrensweise wurde einmal mehr deutlich, dass CDU und SPD einmal eingeräumte Befugnisse für Sicherheitsbehörden auch dann nicht wieder aufgeben, wenn sie sich nicht bewährt haben oder noch schlimmer, sie rechtswidrig ausgenutzt wurden. Das kritische Hinterfragen einmal getroffener Entscheidungen findet offensichtlich auch dann nicht statt, wenn erhebliche datenschutzrechtliche Bedenken bestehen“, so Lippmann.

Die GRÜNE Fraktion hatte bereits im September die geplante Ausweitung der Nutzung von PHW durch Gerichtsvollzieher kritisiert:

(dort auch weitere Infos zu den grundsätzlichen Bedenken der GRÜNEN Fraktion bei der Verwendung von PHW)

Darin wird sowohl dargelegt, dass die Polizei u.a. Daten zu Schuldnern an Gerichtsvollzieher übermittelt haben, die Drogen konsumieren, suizidgefährdet sind oder dem rechtsradikalem Spektrum oder Rockern zugeordnet werden (S.7 des Berichts), als auch, dass die Gerichtsvollzieher ihrerseits die Daten an private Dritte weitergegeben haben z.B. an Spediteure, Schlosser oder Räumungsgläubiger. Beide Übermittlungen sind nicht von der Regelung umfasst und damit rechtswidrig.

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