Redebeitrag des Abgeordneten Valentin Lippmann (BÜNDNISGRÜNE) zum Antrag der Fraktion AfD: „Sachsensumpf 2.0 trockenlegen – Rote Karte für Vetternwirtschaft und Korruption in der Regierung!“ (Drs 7/14269)
75. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Donnerstag, 31.08.2023, TOP 1
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren,
wir sind hier und heute zu einem wahrlich bizarren Schauspiel zusammengekommen. Unter dem sehr durchsichtigen Deckmantel vermeintlicher Transparenz will ausgerechnet die AfD angeblich Schaden von Rechtsstaat und Demokratie abwenden, aber eigentlich vor allem, wie soeben wieder geschehen, unverhohlen mit Dreck auf engagierte Menschen in diesem Land werfen, die tagtäglich den Laden am Laufen halten.
Für uns BÜNDNISGRÜNE ist glasklar, dass die Hintergründe und Umstände der im Raum stehenden Vorwürfe, die zuteilen bereits durch das Sozialministerium eingeräumt wurden, vollständig aufgeklärt werden müssen und es klarer Schlussfolgerungen für die Zukunft braucht. Petra Köpping hat dazu gestern dazu erste Konsequenzen gezogen, die glaube ich – gerade auch weil sie schmerzhaft sind – verdeutlichen, dass es der Ministerin sehr ernst ist, hier für umfassende Transparenz zu sorgen. Es ist und bleibt Aufgabe aller, für die weitere gebotene Aufklärung zu sorgen.
Werte Kolleginnen und Kollegen,
wir werden dabei aber nicht zulassen, dass aufgrund der notwendigen Diskussion über Unregelmäßigkeiten bei Förderverfahren jene Menschen verunglimpft werden, die nicht nur 2015 da waren, sondern auch heute da sind, wenn es darum geht, Menschen zu helfen und Menschlichkeit zu zeigen. Ohne eine starke Zivilgesellschaft hätte dieser Freistaat bei der Integration von Geflüchteten ziemlich alt ausgesehen. Die Arbeit der vielen Verbände und Initiativen, der Zivilgesellschaft in unserem Land, die tagtäglich für Demokratie und Menschlichkeit eintritt, verdient in diesem Hohen Hause keinen Generalverdacht durch Verfassungsfeinde, sondern klare Anerkennung, Zuspruch und Dank durch alle überzeugten Demokratinnen und Demokraten.
Werte Kolleginnen und Kollegen,
das Absurdeste an diesem schlechten Laientheater der AfD, welches heute in erwartungsgemäß mäßiger Qualität aufgeführt wurde und das Gegenteil verantwortungsbewusster Aufklärung ist, ist diese bodenlose Frechheit von einem sogenannten Antrag, den wir beschließen sollen.
Die AfD will nicht nur über einen Prüfbericht des Rechnungshofes diskutieren, den kaum einer kennt, weil er nicht öffentlich ist. Im Antragstext soll der Landtag dann aber gleich noch aufgrund reiner Medienberichterstattung feststellen, dass durch den Bericht deutlich würde, dass es offensichtliche Defizite bei der Vergabe von Fördermitteln gegeben habe. Ich habe als Abgeordneter immer noch den Anspruch, die Grundlagen von Feststellungen zu kennen. Spekulationen und Annahmen können Sie vielleicht bei Twitter/X als Wahrheiten verkaufen, aber nicht im Landtag dafür Zustimmung erhalten.
Im Übrigen darf und muss man an dieser Stelle auch einmal anmerken, dass mich die Frage sehr umtreibt, wieso ein nicht-abschließender Entwurf eines Rechnungshofberichtes überhaupt an Dritte gelangen konnte. Durch dieses Vorgehen hat man das Sozialministerium dessen beraubt, was in einem Rechtsstaat unabdingbar ist – nämlich die Möglichkeit, zu Vorwürfen Stellung zu nehmen und diese auszuräumen. Ich halte das Vorgehen für extrem problematisch und der Rechnungshof muss sich die Frage nach seiner Verantwortung hierbei auch gefallen lassen.
Zurück zum Antrag: Dem Rechnungshof, dessen unveröffentlichten und unbekannten Prüfbericht Sie hier zum Kern der Anklage machen, scheinen Sie dann wiederum nicht zu vertrauen. Anders kann ich mir ihre Forderung nach einem externen Prüfer nicht erklären. Sie müssen sich dann schon mal entscheiden, ob Sie dem Rechnungshof vertrauen oder nicht. Wenn nicht, dann hätten wir uns das ganze Theater ganz sparen können.
Werte Kolleginnen und Kollegen,
wir werden die weitere gebotene Auseinandersetzung auf Grundlage des abschließenden Prüfberichtes führen, wenn er dem Landtag vorliegt und nicht auf Grundlage dieses in hetzender Eile geschriebenen Antrages. Das gebietet der Rechtsstaat und das gebietet der Anstand.
Zum Abschluss möchte ich noch auf einen Teil des Antrages hinweisen, den ich vor diesem Hintergrund als besonders übel empfinde: Ihre bewusste Anleihe in der Überschrift zum „Sachsen-Sumpf“. Zur Erinnerung: Im so genannten Sachsensumpf-Skandal ging es seinerzeit im Kern um die Zwangsprostitution Minderjähriger.
Die Förderung von Integrationsmaßnahmen damit auf eine Stufe zu stellen, ist an Niedertracht kaum zu überbieten und selbst für AfD-Verhältnisse widerwärtig – sowohl gegenüber den damaligen Opfern, als auch gegenüber dem Sozialministerium und gegenüber der Zivilgesellschaft in Sachsen. Das spricht für sich und gegen diesen Antrag.
Vielen Dank!