Insgesamt 78 Reizstoffpatronen mit überschrittenem Verbrauchsdatum wurden im Rahmen des Polizeieinsatzes am 12. Dezember 2015 in Leipzig zum Einsatz gebracht.
Das geht aus einer Antwort von Innenminister Markus Ulbig (CDU) auf eine Kleinen Anfrage des Abgeordneten Valentin Lippmann, innenpolitischer Sprecher der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag, hervor.
„Es ist ein unglaublicher Vorgang, dass die sächsische Polizei bei einem Einsatz ihr altes CS-Gas quasi entsorgt, ohne vorher zu prüfen, ob diese noch nutzbar sind. Das mutet an wie ein Feldversuch – zumal das Reizgas auch gegen friedliche Demonstranten eingesetzt wurde. Der Einsatz abgelaufener Reizgaskartuschen durch die sächsische Polizei ist offenkundig rechtswidrig und nicht hinnehmbar“, urteilt Lippmann.
Innenminister Ulbig hatte in seiner Antwort angegeben, dass Bestände von Reizstoffpatronen, deren Verwendbarkeitsdatum überschritten ist, nach Ersatzlieferung ausgetauscht, im Rahmen von Übungen genutzt oder nach erfolgter sachverständiger Munitionsbewertung für eine weitere Nutzungsdauer zertifiziert werden. Die am 12. Dezember 2015 eingesetzten Kartuschen wurden jedoch nicht sachverständig bewertet.
„Ich fordere den Innenminister auf, umgehend die weiteren 280 vorhandenen überlagerten Reizstoffpatronen zu entsorgen oder auf ihre weitere Verwendbarkeit zu überprüfen und dem Landtag darüber zu unterrichten. Insgesamt scheint im Beschaffungswesen der Polizei etliches im Argen zu liegen, wenn offensichtlich eine rechtzeitige Ersatzbeschaffung unterblieben ist. Ulbig muss seinen Aufsichtspflichten endlich nachkommen, damit sich ein solch rechtswidriger Einsatz nicht widerholt.“
„Der Einsatz von Reizgas ist eine ultima ratio der Polizei, der stets der Verhältnismäßigkeit zu unterliegen hat. Auch schwere Angriffe auf die Polizei, wie am 12. Dezember, rechtfertigen nicht den Einsatz nicht mehr zu Verwendung vorgesehener Mittel“, so Lippmann.
Schon bei einer Demonstration am 3.2. 2014 in Leipzig wurden seitens der Polizei rechtswidrig Feuerlöschmittel gegen Personen eingesetzt (siehe auch (Drs 5/14032)).
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