Foto: Grünes Büro Valentin Lippmann

Die Auswahl sogenannter ‚gefährlicher Orte‘ ist vollkommen willkürlich

Dresden. Die Einteilung von Orten durch die sächsische Polizei als ‚gefährlich‘ hat sich im Vergleich zu Ende 2017 verschoben. In der Antwort des Innenministeriums auf eine Kleine Anfrage des Landtagsabgeordneten Valentin Lippmann (GRÜNE) vom 13. Juli 2018 wurden nun auch in den Städten Aue, Stollberg, Annaberg, Rochlitz und Görlitz vermehrt Gebiete als so genannte ‚gefährliche Orte‘ klassifiziert. Währenddessen wurden in Chemnitz und Freiberg nun erheblich weniger Orte angegeben als bei der Beantwortung einer Anfrage des Abgeordneten am 21. Dezember 2017 (Drucksache 6/11345). Wurden im Dezember 2017 insgesamt 67 Straßen und Plätze in Chemnitz, Freiberg, Dresden und Leipzig als ‚gefährlich‘ angegeben, sind es jetzt insgesamt 61 Orte als gefährlich oder verrufen klassifiziert (Drucksache 6/13749).
„Die stark variierende Einstufung von Orten als ‚gefährlich‘ zeigt, wie willkürlich dieses Instrument gegenwärtig genutzt wird“, kritisiert Valentin Lippmann, innenpolitischer Sprecher der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag. „Ob der Platz vor dem ‚Eine Welt Laden‘ in Freiberg oder der Vorplatz des Einkaufsmarktes in Burgstädt (Lkr. Mittelsachsen) tatsächlich so gefährlich sind, dass anlasslose Identitätsfeststellungen verhältnismäßig sind, bezweifle ich stark. Es scheint vielmehr, als handele es sich bei der Einstufung von Straßen und Plätzen als >>gefährlich<< um ein bequemes Mittel, um in Sachsen massiv verdeckte Kontrollbereiche zu errichten, um dort nach Belieben Personenkontrollen durchführen zu können. Dies ist ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Bürgerrechte.“
„Bei der Einschätzung der Orte, fällt außerdem ins Auge, dass Geflüchtetenunterkünfte sehr häufig als ‚gefährliche Orte‘ eingestuft werden. Dass Geflüchtete generell verdächtigt werden mit Straftaten in Verbindung zu stehen, ist nicht hinnehmbar und zeigt die mangelnde Objektivität der Gefahrenprognose.“
„Ich fordere die Staatsregierung auf, zukünftig auf das Instrument der ‚gefährlichen Orte‘ als Grundlage für verdachtsunabhängige Personenkontrollen zu verzichten“, so der Abgeordnete. „Sie sind aus meiner Sicht vollkommen unnötig, da Personenkontrollen aufgrund eines konkreten Verdachtes jederzeit auch ohne dieses Konstrukt möglich sind.“
„Den Einsatz von Bodycams an den in Dresden und Leipzig klassifizierten ‚gefährlichen Orten‘ ohne gesetzliche Regelung und auf Basis dieses rechtlich fragwürdigen Konstrukts halte ich nach wie vor für rechtswidrig“, erklärt Lippmann.
Hintergrund:
Bereits im Dezember 2017 gab die Sächsische Staatsregierung in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Valentin Lippmann an, welche Orte in Sachsen gemäß Paragraf 19 Abs.1 Nr. 2 des Sächsischen Polizeigesetzes (SächsPolG) als gefährlich eingestuft werden.
Zu den gefährlichen Orten in Dresden und Leipzig, an denen auch Bodycams eingesetzt werden, kommen nach Angabe der Staatsregierung seit dem 3. April 2018 das Umfeld der Centrum Galerie in Dresden sowie das Umfeld um den westlichen Bereich der Zweinaundorfer Straße in Leipzig hinzu.

 

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