Redebeitrag des Abgeordneten Valentin Lippmann (BÜNDNISGRÜNE) zum Gesetzentwurf der Fraktionen CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD: „Gesetz zur Änderung von Gesetzen des kommunalen Finanzausgleich“ (Drs 7/13749)
76. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Mittwoch, 20.09.2023, TOP 4
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
wir verabschieden heute ein kommunales Hilfspaket. Das braucht es, weil das bestehende Regelwerk unseres kommunalen Finanzausgleichs auf die aktuelle Situation, die von einer ganzen Anzahl von Belastungen für die kommunale Ebene geprägt ist, nicht reagieren konnte.
Wir wollen, wir können und wir müssen hier handeln und darum bringen wir das Hilfspaket auf den Weg.
Der Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen hat bei der öffentlichen Anhörung von Sachverständigen gezeigt, wie hochproblematisch die Situation vor Ort aktuell ist. Insbesondere die Landkreise haben richtig Probleme, ihre Haushalte aufzustellen und genehmigt zu bekommen.
Aus diesem Grund hat sich die Koalition entschieden, der kommunalen Ebene 133 Millionen Euro als Hilfsspaket zur Verfügung zu stellen. Damit das Geld bei den Kommunen ankommt, muss das Finanzausgleichgesetz geändert werden. Auf Wunsch der kommunalen Ebene erfolgt die Verteilung des Hilfspaketes erstmalig gleichmäßig.
In der Vereinbarung zwischen Finanzministerium und kommunaler Ebene sind aber noch weitere Punkte in Vorbereitung auf das Finanzausgleichsgesetz 2025/2026 verabredet worden. Darunter auch ein wichtiger Schritt und langjährige BÜNDNISGRÜNE Forderung nach
einer grundhafte Analyse der Soziallasten in den kommunalen Haushalten und
einer vergleichenden Analyse doppischer Landkreishaushalte.
Das kommunale Hilfspaket umfasst, was wir jetzt kurzfristig machen können. So kann das aber nicht weitergehen.
Darum brauchen wir grundsätzlich strukturelle Anpassungen in den Finanzbeziehungen zwischen Freistaat und Kommunen.
Sachsen braucht Kommunen, die lebendig und lebenswert sind.
Die Landkreise haben schon nur einen verschwindend kleinen Anteil an freiwilligen Leistungen in ihren Haushalten. Dort kann nicht mehr eingespart werden, ohne dass es zu Lasten wichtiger Standortfaktoren geht – beispielsweise beim ÖPNV, bei der Unterstützung für das Ehrenamt, für Feuerwehr, Sportvereine oder Musikschulen. Hinzu kommt, dass die Kreisumlagen schon so hochgezogen wurden, dass auch hier das Ende der Fahnenstange erreicht ist. Es braucht also dringend strukturelle Anpassungen beim kommunalen Finanzausgleich in Sachsen.
Es ist kommunale Pflicht, staatlich übertragene Aufgaben, pflichtige Selbstverwaltung und auch ein Mindestmaß an freiwilligen Selbstverwaltungsaufgaben zu erfüllen. Die ohnehin angespannte Situation wird nun durch die steigenden Zahlungsverpflichtungen zusätzlich verschärft. Eine kommunale Selbstverwaltung braucht eine auskömmliche Finanzausstattung. Das ist in Sachsen nicht gegeben, wir beobachten das besonders auch bei den Mittelstädten.
Allein ein Blick auf die aktuellen Haushaltsfreigaben der Landesdirektion zeigt, wie angespannt die Situation vor Ort ist.
In allen Bescheiden steht, dass spätestens nach 2024 alle in den Kassenkrediten sind, um einen Haushaltsausgleich zu schaffen. Dass ohne die Ausnahmeregelung des Freistaates Sachsen zur Haushaltserleichterung der Haushaltsausgleich nicht hätte dargestellt werden können. Die Ausnahmereglung wurde im Oktober 2022 im Zuge der Energiekrise geschaffen. Dass Eigenmittel zur Finanzierung von Investitionen nicht erwirtschaftet werden können.
Auch hier waren die Sachverständigen klar: Sie haben die Struktur des Sächsischen Finanzausgleichgesetzes nicht grundlegend in Abrede gestellt, aber bestätigt, dass damit auf diese Situation nicht reagiert werden kann. Es braucht eine echte Strukturänderung.
Schlussendlich: Die Situation war Ende 2021 bereits absehbar. Als BÜNDNISGRÜNE haben wir uns zum kommunalen Finanzausgleich immer wieder für eine Bedarfsorientierung ausgesprochen und einen Soziallastenansatz thematisiert. Das war nicht mehrheitsfähig innerhalb der Koalition. Ich hoffe, dass die schwierige Situation der Kommunen jetzt bei dem einen oder anderen zum Umdenken führt und es einen gemeinsamen Willen zu wirksamen Anpassungen beim nächsten Finanzausgleich gibt. Ich nenne nur die Bereiche der Sozialgesetzgebung, zum Beispiel bei der Sozialhilfe oder den Hilfen zur Pflege. Das wird Sachsen alleine nicht schaffen.
Hier ist Bundesfinanzminister Lindner (FDP) in der Pflicht, die gestiegenen Aufgaben der Kommunen finanziell entsprechend zu untersetzen – etwa durch eine deutlich stärkere Beteiligung in verschiedenen Bereichen der Sozialgesetzgebung, zum Beispiel bei der Sozialhilfe oder den Hilfen zur Pflege.