Konsequent und uneingeschränkt hinter die Jüdischen Gemeinden stellen

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Redebeitrag des Abgeordneten Valentin Lippmann (BÜNDNISGRÜNE) zum Gesetzentwurf der Staatsregierung: „Gesetz zum Vertrag zur Änderung des Vertrages des Freistaates Sachsen mit dem Landesverband der Jüdischen Gemeinden“ (Drs 7/15788)

85. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Mittwoch 20.03.2024, TOP 12

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

es freut mich sehr, heute hier über das Gesetz zur Anpassung des Vertrags des Freistaates Sachsen mit dem Landesverband Sachsen der Jüdischen Gemeinden zu sprechen. Denn gerade in der aktuellen Zeit mit Blick auf den erschreckenden Anstieg antisemitischer Straftaten und mit Blick auf die Angst vieler Jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger nach dem 7. Oktober, ist es wichtig, dass wir uns konsequent und uneingeschränkt hinter die jüdischen Gemeinden stellen und diese Änderung des Staatsvertrags ratifizieren.

Mit der Veränderung verdoppeln wir die finanziellen Mittel für den Landesverband der Jüdischen Gemeinden, nehmen die Vermittlung jüdischer Kultur in den Staatsvertrag auf und zeichnen wichtige Errungenschaften der Vergangenheit im Vertragswerk nach.

Zu diesen zählt unter anderem die Einführung des jüdischen Religionsunterrichts vor fünf Jahren. Denn gelebte jüdische Kultur zeigt sich auch dort, wo die Weitergabe von Wissen an die nächste Generation erfolgt.

Mit der Schaffung des Amtes des oder der Beauftragten für jüdisches Leben im Jahr 2019 wurde eine konkrete Ansprechperson für jüdische Bürgerinnen und Bürger und ein Beratungsorgan für die Staatsregierung geschaffen. Die Nachzeichnung im Vertrag mit dem Landesverband der Jüdischen Gemeinden ist ebenso ein richtiger und konsequenter Schritt.

In finanzieller Hinsicht fördern wir unter anderem den Zusammenhalt zwischen den verbandsangehörigen und nicht verbandsangehörigen Gemeinden. Die Pluralität des Judentums in Sachsen ist gelebte jüdische Kultur. Innere Auseinandersetzungen in Gestalt eines Gedanken- und Ideenaustauschs sind auch in Krisenzeit wichtig. Wir wollen mit dem staatlichen Beitrag die jüdischen Gemeinden in ihren Vorhaben unterstützen, die unterschiedlichen Strömungen zu koordinieren.

Conditio sine qua non für das Leben eines freien Judentums ist die Sicherheit der Jüdinnen und Juden. Hier hat insbesondere die verschärfte Lage in den letzten Monaten nochmals verdeutlicht, dass neben einer allgemeinen Anhebung der Landesleistungen, eine Erhöhung der Sicherheitspauschale für den Wachschutz notwendig ist.

Die neuen Landesleistungen sind ein wichtiger Beitrag, um unerlässliche Umbauten zu ermöglichen. Erforderlich wurden diese Umbauten ursprünglich durch den Anschlag auf die Synagoge in Halle, bestärkt werden sie durch einen weltweit und auch in Sachsen grassierenden Antisemitismus, nicht erst seit dem 7. Oktober.

Adorno beschrieb in seiner „Minima Moralia“ 1951 den Antisemitismus als das „Gerücht über die Juden“. Eben dieses Gerücht über eine angeblich so homogene Gruppe verbreitet sich in vielfältiger Art und Weise mal mehr und mal weniger offensichtlich, getrieben durch die Hetze der AfD genauso wie durch antiisraelische Propaganda.

Wir BÜNDNISGRÜNE richten uns konsequent gegen jeden Antisemitismus und stehen dafür, dass staatliche Institutionen ihn in all seinen Ausprägungen stets aufs Schärfste bekämpfen. Es gibt keine Rechtfertigung für Antisemitismus.

Nach den stark geschichtsrevisionistischen Ausprägungen des Antisemitismus im Rahmen der Corona-Pandemie und in Gestalt von Verschwörungserzählungen, verschärft sich nach dem 7. Oktober eine weitere Erscheinungsart des Antisemitismus. Er zeichnet sich zunehmend durch Doppelstandards, Dämonisierung und Delegitimierung des jüdischen Staates aus.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen,
wir als BÜNDNISGRÜNE bekennen uns klar zur historischen aus der Shoah erwachsenden Verantwortung für Israel und für jüdisches Leben.

Denn „Nie wieder“ heißt auch: aus Halle lernen. Es ist unsere Aufgabe, dass es nie wieder dazu kommt, dass eine Tür eine Frage von Leben und Tod ist. Wir dürfen uns nicht allein auf starke Türen verlassen. Es braucht starke Mauern; Mauern der Anständigen, eine Mauer der Demokratinnen und Demokraten.

Vielen Dank!