Noch nie war die Zahl der Ermittlungsverfahren gegen Polizeibedienstete wegen Körperverletzung im Amt so hoch und die Zahl der Anklagen so gering

Foto: Grüne Dresden

Die Zahl der Ermittlungsverfahren gegen sächsische Polizeibeamtinnen und -beamte wegen Körperverletzung im Amt ist 2016 im Vergleich zum Vorjahr um 55 Prozent von 274 auf 425 Beschuldigte gestiegen. Gleichzeitig sank die Zahl der Verfahren die vor dem Gericht angeklagt wurden von vier Verfahren in 2015 auf drei im Jahr 2016. Dies geht aus der Antwort von Justizminister Sebastian Gemkow (CDU) auf eine Kleine Anfrage des Abgeordneten Valentin Lippmann (GRÜNE) hervor.

„Noch nie war die Zahl der Ermittlungsverfahren gegen Polizeibedienstete wegen Körperverletzung im Amt so hoch und die Zahl der Anklagen so gering“, erklärt Valentin Lippmann, innenpolitischer Sprecher der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag. „Die Zahlen hinterlassen den Eindruck, dass Polizisten häufiger über die Stränge schlagen und dabei kaum Strafverfolgung zu befürchten haben. Während statistisch gesehen rund 20 Prozent der Ermittlungen mit einer öffentlichen Anklage oder einem Strafbefehl enden, sind es bei der Polizei im Bereich der Körperverletzung im Amt gerade mal 0,7 Prozent. Dieses offenkundige Missverhältnis kann man keinem Menschen erklären.“

Von Anfang 2016 bis Mai 2017 waren 948 Beschuldigte in Ermittlungsverfahren Polizeibedienstete. Gegen sie wurde neben den 425 Fällen der Körperverletzung im Amt auch wegen Nötigung (102), Strafvereitelung im Amt (89) und Beleidigung (44) ermittelt. Nur elf Verfahren endeten mit einer Anklage oder einem Strafbefehl, 705 Ermittlungsverfahren wurden nach Paragraf 170, Absatz 2 Strafprozessordnung wegen ungenügendem Anlass zur Erhebung der Anklage eingestellt. Im Vergleichszeitraum des Vorjahres waren demgegenüber 767 Ermittlungsverfahren gegen Polizeibedienstete eingeleitet worden, von den ebenfalls elf Verfahren mit Anklage bzw. Strafbefehl endeten.

„Ich fordere Innenminister Markus Ulbig dringend auf, die besorgniserregende Entwicklung nicht nur zur Kenntnis zu nehmen, sondern endlich Maßnahmen zu ergreifen, um die sächsische Polizei zu einer bürgernahen, rechtsstaatlich handelnden Institution zu entwickeln“, fordert der Abgeordnete. „Dazu gehört neben einer personell gut ausgestatteten internen Ermittlung und einer wirklich unabhängigen Beschwerdestelle zwingend eine Kennzeichnungspflicht für die Polizistinnen und Polizisten im Freistaat Sachsen.“