Taser sind keine harmlosen Zwangsmittel, ihr Einsatz kann tödlich enden

– Es gilt das gesprochene Wort –

Herr Präsident, meine Damen und Herren,

es ist ein legitimes Mittel, einen reinen Berichtsantrag als Plenarantrag zu behandeln, um damit eine Debatte anzustoßen. Nur allein, der Antrag kommt etwas dünn daher.

Was vielmehr interessiert, ist die Forderung, die die AfD an diesen Antrag anknüpfen will. Wenn ich Ihre Fragen und bisherigen Ausführungen richtig verstehe, wollen Sie, dass künftig sämtliche sächsische Polizistinnen und Polizisten mit Taserpistolen ausgestattet werden und diese auch als Hilfsmittel der körperlichen Gewalt einsetzen dürfen.

Diesem Ansinnen treten wir GRÜNEN entschieden entgegen.

Taser sind keine harmlosen Zwangsmittel, die die Polizei mal eben anstatt der Schusswaffe einsetzen kann. Etwa wenn Pfefferspray nicht mehr wirkt und die Verstärkung zu lange braucht, wie der ehemalige Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft Sachsen die Forderung nach Tasern für Streifenpolizisten begründete.

Die Elektroimpulswaffe Taser ist auch definitiv keine nicht-tödliche Waffe, die keine Verletzungen hervorruft (wie es uns die AfD suggerieren will), sondern lediglich eine weniger tödliche Waffe. Ihr Einsatz kann – so zeigen es Fälle in den USA und Kanada – tödlich enden.
Allein in Kanada kam es zwischen 2003 und 2007 zur 18 Todesfällen durch den Einsatz von Elektroimpulswaffen. Amnesty International kritisiert seit Jahren den Einsatz solcher Waffen.

Sie machen den Polizistinnen und Polizisten vor diesem Hintergrund etwas vor und suggerieren diesen das Schließen einer Lücke zwischen Zwangsmitteln und Schusswaffe. Diese Auffassung ist aber sowohl rechtlicher als auch tatsächlicher Quatsch.

In Kenntnis ihrer Wirkung hat das Sächsische Innenministerium umfassende und komplexe Regelungen zum Einsatz von Taser beim SEK erlassen.

Der Gebrauch ist nach dem Polizeirecht nur dann zulässig, wenn der Einsatz körperlicher Gewalt oder andere Hilfsmittel der körperlichen Gewalt keinen Erfolg versprechen und andernfalls die Anwendung von Schusswaffen zur Erreichung einer schnellen Aktionsunfähigkeit der betroffenen Person unvermeidbar wäre.

Nicht eingesetzt werden darf Taser gegen Kinder, gegen Schwangere oder Personen mit Herzschäden. Bei letzterem steht die Frage, wie man das erkennen will.
Zudem dürfen nicht zwei Taser parallel eingesetzt werden, da dadurch die Gefahr von Gesundheitsschäden erhöht ist. Es darf nicht auf die Gesichtsregion gezielt und Pfeile müssen durch einen Arzt entfernt werden.
Die Polizei hat beim Einsatz ferner dafür zu sorgen, dass durch den Elektroschock ausgelöste Stürze mit entsprechenden Folgeschäden verhindert werden. Insbesondere sollte ein zweiter Beamter den Sturz des Opfers auffangen.

Das sind hohe Voraussetzungen, die definitiv nicht jeder Polizeibeamte schon gar nicht im polizeilichen Alltag erfüllen kann. Zudem bringt es dem Beamten auch sachlich kaum einen Mehrwert, da die Einsatzvoraussetzungen an die der Schusswaffe angeglichen werden müssten.

Sie von der AfD sehen das alles lapidarer. Das durften wir an ihrem Antrag im Dezember sehen, die Wachpolizei mit Tasern auszurüsten. Drei Monate Ausbildung und dann mit Tasern auf die Straße – auf solch‘ eine absurde Idee kann wirklich nur die AfD kommen. Das ist genauso falsch, wie ihnen eine Schusswaffe in die Hand zu drücken. Das ist Irrsinn pur, meine Damen und Herren, der sich auch wieder in der Intention dieses Antrags zeigt.

Auch wenn ich es als GRÜNER lieber sehen würde, wenn Taser überhaupt nicht zum Waffenarsenal der sächsischen Polizei gehörte, halte ich dem Innenministerium zugute, dass es in der Zeit von 2007 bis 2012 laut Innenministerium nur in zehn Fällen zum Einsatz von Tasern und bei diesen Einsätzen zu keinen gefährlichen Verletzungen gekommen ist.

Die Ausstattung sämtlicher Polizeibediensteten in Sachsen mit einer solch wirkungsvollen und zugleich so harmlos daherkommenden Waffe würde den Einsatz aber wahrscheinlich erheblich erhöhen. Dass es in der Folge auch zu einem tödlichen Einsatz oder einer Verletzung mit erheblichen Folgen kommen könnte, wäre nur eine Frage der Zeit.

Im Vergleich zu dem aus meiner Sicht nur sehr geringen Vorteil von Elektroimpulsgeräten stehen übrigens hohe Kosten für eine flächendeckende Ausstattung der Polizei mit diesen Geräten sowie für die notwendigen Übungsstrukturen etc.

Ich sehe aufgrund der in Folge des Stellenabbaus hochschwierigen Personalsituation bei der Polizei gerade andere Bereiche, wo es dringlicher ist zu investieren, beispielsweise bei der Ertüchtigung unserer räumlichen und personellen Ausbildungskapazität, die absehbar nicht für die notwendige Zahl neuer Polizeianwärter reichen wird.

Ihr Antrag ist mal wieder das Werfen von Nebelkerzen und das Vortäuschen von Lösungen, wir lehnen ihn daher ab.

Redebeitrag des Abgeordneten Valentin Lippmann zum Antrag der AfD-Fraktion:
„Distanz – Elektroimpulsgerät ‚Taser‘ bei der sächsischen Polizei“ (Drs. 6/4149)
31. Sitzung des Sächsischen Landtags, 17. März 2016, TOP 9