Ausschusssondersitzung – GRÜNE: Es besteht weiterhin erheblicher Aufklärungsbedarf

Die Ergebnisse der gestrigen Sondersitzung des Innen- sowie des Verfassungs- und Rechtsausschusses zum missglückten Polizeieinsatz zur Verhaftung des Tatverdächtigen Al-Bakr und den Umständen seines Selbstmordes bewerten Valentin Lippmann, innenpolitischer Sprecher, und Katja Meier, rechtspolitische Sprecherin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag, wie folgt:

„Der misslungene Zugriff in Chemnitz basierte auf einer Reihe von Fehlern und Fehleinschätzungen der sächsischen Polizei. Der gesamte Einsatz war mit Blick auf das Terrorszenario nicht angemessen. Dass ein Terroranschlag verhindert und der Tatverdächtige festgesetzt wurde, ist im Wesentlichen nicht das Verdienst sächsischer Behörden. Das steht für mich nach der gestrigen Sitzung fest. Obwohl das Bundesamt für Verfassungsschutz den sächsischen Behörden mitgeteilt hat, in welcher Wohnung sich der Tatverdächtige aufhielt, hat man sich auf die Aussage nicht verlassen, sondern offensichtlich über Stunden verdeckt nach der richtigen Wohnung gesucht. Zudem wurde das Umfeld der Wohnung offensichtlich so unzureichend abgesichert, dass der Tatverdächtige entwischen konnte. Wie viele Polizeibediensteten bei der Festnahme vor Ort waren, wurde auch auf Nachfrage nicht beantwortet. Es könnten vier oder hundert gewesen sein. Auch hier besteht noch erheblicher Aufklärungsbedarf. Von einem Innenminister, der über gemeinsame Übungen sinniert, erwarte ich, dass er dafür sorgt, dass erst einmal die Hausaufgaben bei der Polizei gemacht und die Einsatzkonzepte für derartige Zugriffe überarbeitet werden“, so Lippmann.

„Einer der wichtigsten Tatverdächtigen in diesem Land hat sich in einem sächsischen Gefängnis das Leben genommen. Auch nach der gestrigen Sitzung bin ich der Auffassung, dass dies mit entsprechenden Maßnahmen – etwa einer Sitzwache – hätte verhindert werden können. Da diese Maßnahmen nicht getroffen wurden, gehe ich auch weiterhin von einem Justizversagen aus. Alle Zeichen deuteten auf eine Suizidgefahr beim Tatverdächtigen hin. Diese Einschätzung wurde von der Haftrichterin, der Anstaltsleitung bei seinem Eintreffen, dem Anwalt und wohl auch im Ministerium so gesehen. Allerspätestens nach dem Feststellen der manipulierten Steckdose, in der wohl sogar die Drähte freigelegt wurden, hätte man den Inhaftierten engmaschiger kontrollieren müssen. Offensichtlich ist Sachsen, dass nicht selten von den Gefahren des internationalen Terrors spricht, nicht im geringsten auf solche Ausnahmesituationen vorbereitet. Wir erwarten nunmehr eine umfassende Aufklärung des gesamten Vorfalls und erachten die eingesetzte Untersuchungskommission als das richtige Instrument dafür“, so Meier.