Innenminister Markus Ulbig hat auf eine Kleine Anfrage des Abgeordneten Valentin Lippmann nunmehr Auskunft über den Einsatz und die technischen Details von Bodycams gegeben, die ab November in den Polizeidirektionen Dresden und Leipzig erprobt werden sollen. Danach sollen die Kameras an sog. gefährlichen Orten eingesetzt werden. Als solche werden sechs Orte in Dresden und vier in Leipzig klassifiziert. Dazu erklärt Lippmann, Sprecher für Datenschutz der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag:
„Die groß als Pilotprojekt bezeichnete Einführung von Bodycams für die sächsische Polizei, soll darüber hinwegtäuschen, dass diese derzeit in Sachsen schlicht unzulässig sind. Ich halte deren Einsatz daher für rechtswidrig. Es fehlt an einer speziellen Rechtsgrundlage im Polizeigesetz. Die in Rede stehenden Bodycams verfügen über die Möglichkeit der Tonaufzeichnung , das sogenannte Pre-Recording, also die Möglichkeit der verdeckten Aufnahme und können mit WLAN verbunden werden. Die Nutzung dieser Features sind entweder unverhältnismäßig und gehen weit darüber hinaus, wofür Bodycams angeblich angeschafft werden sollen. Unsere Befürchtung, dass in Sachsen ausgerechnet die Variante der Bodycams genutzt werden soll, die am größtmöglichen in die Freiheit der Bürgerinnen und Bürger eingreift, hat sich bestätigt.“
„Wegen des starken Grundrechtseingriffs durch Bodycams, insbesondere durch Aufnahmen im Nahbereich eines Polizeieinsatzes, reichen die allgemeinen Regelungen des Polizeigesetzes zum Einsatz von Videoüberwachung an sog. gefährlichen Orten nicht aus. Eine Experimentierklausel, die den Einsatz solcher Technik erlauben würde, kennt unser Polizeigesetz nicht. Zudem sind offenbar keinerlei Analysen und Begleitforschung des Pilotprojekts vorgesehen. Welches Ergebnis am Ende einer solcher „Erprobung“ stehen soll, ist auch klar: es geht nur um die Handhabbarkeit für die Polizeibediensteten, nicht auch um die Auswirkungen, die die permanente Überwachung an bestimmten Orten auf die Bürgerinnen und Bürger hat.“
„Darüber hinaus habe ich Zweifel daran, ob es sich bei den genannten gefährlichen Orten tatsächlich um solche handelt, die nach dem Polizeigesetz durch die Anfertigung von Bild- und Tonaufnahmen überwacht werden können. Diese setzen voraus, dass tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass an diesen Orten Straftaten begangen werden sollen, durch die Personen, Sach- oder Vermögenswerte gefährdet werden. Dies hat der Innenminister trotz meiner Nachfrage nicht anhand der polizeilichen Kriminalitätsstatistik belegen können. Er bleibt den Nachweis schuldig, dass etwa an allen drei Bereichen der Dresdner Neustadt eine vergleichbar hohe Anzahl Straftaten begangen wurde, sich dort verhältnismäßig viele Straftäter aufhalten oder zu Straftaten verabreden oder eine hohe Anzahl von Polizeieinsätzen zu verzeichnen sind. Offenbar wurde im Innenministerium auf ‚Teufel komm raus‘ versucht eine Rechtsgrundlage für die Bodycams zu finden und diese anschließend solange zurechtgebogen, dass ein Scheitern vorprogrammiert ist.“
„Ich fordere den Innenminister auf, dass sog. Pilotprojekt zur Einführung der Bodycams sofort zu stoppen. Er steht juristisch auf tönernen Füßen und ist in dieser Form ein massiver Eingriff in unser aller Grundrechte.“, so Lippmann.