Zum heute von Innenminister Prof. Roland Wöller vorgestellten Entwurf zweier neuer Polizeigesetze erklärt Valentin Lippmann, innenpolitischer Sprecher der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
„Die Pläne bestätigen meine Befürchtungen. Die geplante Ausweitung polizeilicher Befugnisse ist ein Frontalangriff auf die Bürgerrechte. Die Ausweitung der Videoüberwachung mit Gesichtserkennung, die stationäre Kennzeichenerkennung, die Ausweitung der Telekommunikationsüberwachung für Fälle, in denen noch keine Straftaten begangen wurden, die Einführung der Fußfessel sowie die Absenkung der Voraussetzungen an die Gefahr, die vorliegen muss, wenn die Polizei eingreifen darf, können alle Bürgerinnen und Bürger in Sachsen betreffen. Der Innenminister hat augenscheinlich den Wunsch, den Freistaat in Richtung eines Polizeistaates zu entwickeln, in dem die Grundrechte jedes einzelnen für eine vermeintliche Verbesserung der Sicherheit geopfert wird.“
„Ich habe erhebliche Bedenken, ob die geplanten Maßnahmen verfassungsgemäß sind. Gerade die Ausweitung der Videoüberwachung im Grenzbereich ist vor dem Hintergrund jüngster Rechtsprechung mehr als fragwürdig. Hier soll offensichtlich eine neue Datenbank geschaffen werden. Auch bei der Verlagerung polizeilicher Eingriffsbefugnisse in Grundrechte im Vorfeld von Straftaten hat das Bundesverfassungsgericht strenge Vorgaben gemacht, über die der Gesetzentwurf scheinbar hinausgeht.“
„Von seinem Traum von der allumfassenden Überwachung des Internets und der Kommunikation durch Einführung der Onlinedurchsuchung und der Quellen-TKÜ sollte der Innenminister schleunigst Abstand nehmen. Sie sind nicht Teil des Gesetzes.“
„Ich fordere den Innenminister zudem auf, die Entwürfe der neuen Polizeigesetze sofort im Internet zu veröffentlichen und damit einer breiteren Diskussion unter den sächsischen Bürgerinnen und Bürgern zugänglich zu machen.“
„Vom Koalitionspartner SPD verlange ich endlich ein Bekenntnis zu den Grundrechten der Bürgerinnen und Bürger, zum Datenschutz und zu einem freien Leben in diesem Freistaat ohne Überwachung. Dieser Gesetzentwurf ist das blanke Gegenteil. Wenn sich der Innenminister nicht einmal dazu durchringen kann, die Polizeikennzeichnung vorzuschlagen, gleichzeitig aber den ‚gläsernen Bürger‘ schaffen will, kann man nicht ernsthaft davon sprechen, dass dieser Gesetzentwurf ausbalanciert sei.“
Hintergrund:
Die GRÜNE-Fraktion hat im April 2017 das Positionspapier „Rechtsstaat schützen, Bürgerrechte verteidigen, Sicherheit gewährleisten“ verabschiedet, das sich mit den Plänen für eine Ausweitung der Überwachung im Freistaat Sachsen auseinandersetzt und dem die Verteidigung der Freiheit entgegensetzt.