Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag macht den Abhörskandal um die Fußballszene und zahlreicher Drittbetroffener in Leipzig zum Gegenstand der parlamentarischen Debatte und verlangt umfassende Aufklärung.
Nach Recherchen des Medienmagazins „ZAPP“ waren die Daten von Journalisten, deren Telefongespräche im Rahmen von Ermittlungen wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung im Umfeld der linken Szene/Fußballszene abgehört worden. Sie wurden, erst kurz vor der Einstellung des Ermittlungsverfahrens im Herbst 2016 bzw. bislang noch gar nicht gelöscht.
Dazu erklärt Valentin Lippmann, Sprecher für Datenschutz der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag:
„Justizminister Sebastian Gemkow hat mir offenbar nicht die ganze Wahrheit gesagt. Sowohl auf eine Kleine Anfrage als auch auf Nachfragen in der Sitzung des Innenausschusses im Juni ist mir versichert worden, dass die Daten der Berufsgeheimnisträger, also der betroffenen Journalisten und des Rechtsanwalts, unverzüglich gelöscht wurden. Dass das in einem Fall noch gar nicht und in mindestens zwei weiteren Fällen viel zu spät erfolgte, wurde mir nicht mitgeteilt. Dass sich Aufzeichnungen zu Gesprächsinhalten mit einem Journalisten bis heute in den Akten befinden, ist ein Skandal. Wenn sich offenbar nicht mal mehr bei Berufsgeheimnisträgern um die Einhaltung geltenden Rechtes durch die Ermittlungsbehörden geschert wird, lässt das schlimmste Vermutungen für den Rest der Bevölkerung zu.“
„Es kann auch kein Zufall sein, dass gerade die Journalisten und möglicherweise auch der Rechtsanwalt nicht unter den Betroffenen waren, die über die Ermittlungen und das Abhören ihrer Kommunikation informiert wurden. Offenbar sollte das wahre Ausmaß der Überwachungsmaßnahmen vertuscht werden. Hier wollte man wahrscheinlich keine schlafenden Hunde wecken und einen aufziehenden Skandal unter den Teppich kehren.“
„Von den Telekommunikationsmaßnahmen waren laut Antwort auf meine Kleine Anfrage 240 Personen betroffen. Nur 177 Personen wurden nach Abschluss der Ermittlungen benachrichtigt. Im Übrigen wurden auch die Bestandsdaten von 838 Handyanschlüssen erhoben. Auch diese Personen hätten nach Abschluss der Ermittlungen informiert werden müssen.“
„Unabhängig davon halte ich aber das gesamte Verfahren für einen inakzeptablen Ermittlungsexzess zur Erforschung der linken Szene/Fußballszene. Dies umso mehr, als neben den offensichtlich zu Unrecht Beschuldigten zahlreich Dritte und darunter Berufsgeheimnisträger betroffen sind. Wir GRÜNEN haben daher einen Antrag in den Landtag eingebracht, der eine umfassende Aufklärung des gesamten Ermittlungsverfahrens fordert. Den Justizminister fordern wir u.a. auf, umfassend über das gesamte Verfahren zu berichten und aufzuklären, wie viele Berufsgeheimnisträger betroffen waren und warum sie nicht über die Überwachung informiert wurden. Er soll uns ferner darlegen, wie er solch rechtswidrige Eingriffe in die Privatsphäre durch hyperventilierende Ermittler künftig verhindern will. Auch den Datenschutzbeauftragten bitten wir um einen Bericht zur Verletzung des Datenschutzes in diesem Ermittlungsverfahren an den Landtag.“