Ist die intelligente Videoüberwachung in Görlitz ein Fake?

Auf die nunmehr dritte Kleine Anfrage des Abgeordneten Valentin Lippmann zur intelligenten Videoüberwachung innerhalb von sechs Monaten antwortete Innenminister Markus Ulbig (CDU), dass in Görlitz mit Stand 28. Juni 2017 keine Videografie mit einer Gesichts- oder Verhaltenserkennung betrieben werde. Nur wenige Tage zuvor brüstete sich die CDU-Landtagsfraktion in ihrem ‚Sachsenbrief‘ allerdings genau mit diesem Projekt. Und auch der Innenminister erklärte bereits im Februar diesen Jahres, dass die intelligente Videoüberwachung im Kampf gegen Kriminalität helfen könne und man dazu in Görlitz bereits an einem Pilotprojekt arbeite.
Dazu erklärt Valentin Lippmann, Sprecher für Datenschutz der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag:

„Ich habe mittlerweile erhebliche Zweifel, ob in Görlitz tatsächlich mit <<High-Tech gegen Kriminelle>> vorgegangen wird oder ob es sich dabei nicht vielmehr um eine schnöde polizeiliche Videoüberwachung mit guter Kamera handelt, deren Aufzeichnungen später von der Polizei ausgewertet werden. Wenn das so wäre, dann begeht der Innenminister und die CDU-Fraktion eine fortlaufende Täuschung der Öffentlichkeit. Sie beteiligen sich dabei nicht nur an der Verbreitung von falschen Nachrichten, sondern beeinflussen auch die Handlungsfreiheit der von der Videoüberwachung betroffenen Personen. Indem vorgegaukelt wird, dass eine Kamera mehr tut als sie kann, wird erheblich in das Grundrecht auf Datenschutz eingegriffen. Es macht einen Unterschied, wenn ich weiß, dass eine Kamera mich erfasst und in Echtzeit mein Gesicht oder mein Verhalten scannt oder wenn es sich um eine normale Kamera handelt. Im Übrigen bedarf auch die Attrappe einer intelligenten Videoüberwachung einer gesonderten Rechtsgrundlage.“

„Wir GRÜNE lehnen die intelligente Videoüberwachung als massiven Eingriff ins die Privatsphäre ab. Wenn mittlerweile der Innenminister und die CDU-Fraktion ihre vermeintlichen Erfolge in der Sicherheitspolitik herbeifantasieren müssen, offenbart dies ihre Inkompetenz. Ich fordere den Innenminister auf, endlich die Art, Funktion und Rechtsgrundlage der sog. intelligenten Videoüberwachung in Görlitz darzulegen und meine Fragen, insbesondere zum überwachten Bereich und verwendeter Software zu beantworten. Diese Klarstellung ist er allerdings auch längst der Öffentlichkeit schuldig, die er und die Politiker seiner Fraktion mittlerweile für seine Überwachungsphantasien instrumentalisiert.“

Interviews, Artikel und Antwort auf kleine Anfragen (zeitlich sortiert):

Interview mit Innenminister Markus Ulbig in der SZ vom 11.2.2017: 

Antwort des Innenministers auf die erste Kleine Anfrage „Intelligente Videoüberwachung in Görlitz“ (Drs 6/8536):

Antwort des Innenministers auf die zweite Kleine Anfrage „Intelligente Videoüberwachung in Görlitz“ (Drs 6/9094):

Veröffentlichung „Sachsenbrief der CDU-Landtagsfraktion“ (S.3):

Antwort des Innenministers auf die dritte Kleine Anfrage „Intelligente Videoüberwachung in Görlitz“ (Drs 6/9866):