Aktuelle Debatte Linksdemo – Schutz der Pressefreiheit bei Versammlungen sichert Objektivität der Berichterstattung

Foto: Grünes Büro Dresden

Redebeitrag des Abgeordneten Valentin Lippmann (BÜNDNISGRÜNE) zur Zweiten Aktuellen Debatte auf Antrag der Fraktion AfD zum Thema: „Ein Sargnagel für die Demokratie? – Konsequenzen aus der linksextremistischen Versammlung in Leipzig ziehen!“
37. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Donnerstag, 30.09.2021, TOP 1

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

mitunter fühlt man sich im Sächsischen Landtag bei solchen Debatten näher an einem schlechten Remake von „Und täglich grüßt das Murmeltier“ denn an einer wirksamen und zielführenden politischen Auseinandersetzung.

Ich beschränke daher meine Ausführungen auf vier Punkte:

Punkt 1: Das hohe Gut der Versammlungsfreiheit, ein Grundrecht, das das unentbehrliche Funktionselement eines demokratischen Gemeinwesens wie kein zweites darstellt, hat es nicht verdient, so in den Orkus gezogen zu werden, wie in den vergangenen Wochen geschehen – und zwar weder durch Gewalttäter, die Versammlungen als Vorstufen zu Gewaltorgien gegen Polizeibedienstete und Medienvertreterinnen und -vertreter nutzen noch durch diejenigen, die wortgewaltig wohlfeil behaupten, es sei „mal wieder das Versammlungsrecht missbraucht worden“

Dabei ist die Lage doch ganz einfach:

Das Versammlungsrecht schützt keine Gewalt. Schon der Wortlaut von Artikel 8, der das Versammlungsrecht auf friedlich und ohne Waffen einschränkt, stellt Gewaltakte in und aus Versammlungen außerhalb des Schutzbereiches der Versammlungsfreiheit.

Wer also in und aus Versammlungen Gewalt ausübt oder das Leben von Menschen bedroht, ist nicht politischer Aktivist, sondern Straftäter und delegitimiert notwendigen und wirkungsvollen Protest! Aber tief in meinem liberalen Herzen schmerzt mich noch was Anderes: Wer Versammlungen mit Gewaltorgien verwechselt, besudelt die große Idee der Versammlungsfreiheit. Das will und werde ich nicht akzeptieren.

Aber mindestens genauso stört es mich, wenn behauptet wird, man könne das Versammlungsrecht missbrauchen und das Bild des Ausnahmezustandes an die Wand gemalt wird. Man kann kein Grundrecht missbrauchen! Wer das behauptet, der zielt nicht auf die Delegitimierung von Gewalt ab, sondern auf das Schleifen eines der elementarsten Grundrechte. Derartige Rhetorik wird daher ebenso stets unseren Widerspruch als Bürgerrechtspartei finden.

Punkt 2: Die Polizei mitsamt ihrer Einsatztaktik war am 18. September in Leipzig die stärkste Verbündete bei der Ausübung des Versammlungsrechts und dem eigentlichen Anliegen. Die während der Versammlung wegen der bestehenden Gewaltbereitschaft nicht einfach durchzuhaltende Deeskalationsstrategie hat weitere Ausschreitungen verhindert und viele Menschen vor Ort vor Schaden bewahrt. Das zeugt von hoher Professionalität und Umsicht im Umgang mit einem der wichtigsten Grundrechte. Dafür gilt mein großer Dank und auch der meiner Fraktion.

Punkt 3: Die in Rede stehenden gravierenden Vorwürfe der Behinderung von Medienvertreterinnen und Medienvertretern müssen umfassend aufgeklärt und die Einsatzkonzepte so gestaltet werden, dass wir nicht nach jeder größeren Demo entsprechendes Fehlverhalten beklagen zu haben.

Es braucht auch klare Ansage des Innenministeriums an alle Polizistinnen und Polizisten des Landes: Der Schutz der Pressefreiheit bei Versammlungen sichert die Objektivität der Berichterstattung, ohne die wir uns überhaupt kein Bild über die jeweilige Versammlung machen können.

Letzter Punkt: Ja, auch eine Versammlungsleiterin muss sich Fragen nach ihrer Verantwortung gefallen lassen. Ich hoffe, dass sich die Organisatorinnen und Organisatoren der Demonstration dieser Tatsachen bewusst sind und für die Zukunft Vorkehrungen treffen, solche Ausschreitungen und Morddrohungen zu verhindern.

Aber die Hetzjagd, die sie gegen eine Kollegin dieses Hauses orchestrieren, ist verachtenswert. Und der Gipfel dieses geistigen Güllekübels der AfD war der ursprüngliche Titel dieser aktuellen Debatte.

Grundsätzlich bin ich kein Freund schlechter Wortwitze, aber wer bewusst einen Zusammenhang zwischen einem Sarg und dem Namen einer Abgeordneten herstellt, handelt nicht nur geschmacklos, sondern begibt sich in Nähe derjenigen, die auf Plakaten GRÜNE aufhängen wollen. Das ist im höchsten Maße verachtenswert.

Übrigens machen Sie von der AfD sich mit derartiger selbstentlarvender Polemik mehr gemein mit denjenigen, die sie hier verteufeln, als Ihnen lieb sein dürfte. Ihre Verbalinjurie ist nämlich letztendlich nicht minder geschmacklos und widerlich, als das Transparent auf jener Demo, die Sie hier vorgeben zu brandmarken. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen. Vielen Dank.